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News: Hummeln zu mir!

Neuankömmlinge in einem Ökosystem können ein geregeltes Zusammenleben ganz schön durcheinander bringen. Oft ist der fremde Eindringling konkurrenzstärker, wenn es um die allgemeinen Ressourcen des Lebensraumes - wie Wasser, Boden, Luft - geht. Das Drüsige Springkraut überlistet seine einheimischen Nachbarn mit einer weiteren Strategie: Es macht ihnen die Bestäuber streitig, indem es eine reichere süße Belohnung liefert.
Wenn eine fremde Art in einen neuen Lebensraum einwandert, kann das für die einheimischen Pflanzen und Tiere verheerende Folgen haben. Plötzlich müssen sie mit einem Eindringling um Ressourcen konkurrieren, die sie vorher unter sich aufgeteilt hatten: Platz, Nahrung, Wasser, Licht. Nicht selten erweist sich der Neuankömmling als überlegen und verdrängt die angestammten Bewohner.

So auch das Drüsige oder Indische Springkraut (Impatiens glandulifera). Ursprünglich im Himalaya beheimatet, erobert es seit etwa 150 Jahren die Ufer europäischer Gewässer – in einem rasanten Tempo. Mit seinen mehr als zwei Metern Höhe übertrifft es jede andere einjährige Pflanze unserer Gegend, und schon sind viele Randstreifen und Kiesbänke ein einziges rosafarbenes Blütenmeer. Von den sonst dort auftretenden Pflanzen wie Sumpf-Ziest (Stachys palustris), Blut-Weiderich (Lythrum salicaria) oder Rauhaarigem Weidenröschen (Epilobium hirsutum) ist oft nicht mehr viel zu sehen.

Lars Chittka und Steffen Schürkens vom Lehrstuhl für Verhaltensphysiologie und Soziobiologie der Universität Würzburg untersuchten die Nektarzusammensetzung und die Zuckerproduktion des Drüsigen Springkrautes. Dabei stellten sie fest, dass der Zuckergehalt des Nektars dem von anderen Pflanzen vergleichbar ist, der Neophyt jedoch pro Stunde deutlich mehr Zucker produziert. Damit bietet er seinen Besuchern eine reichere süße Belohnung als alle anderen mitteleuropäischen Blütenpflanzen – sogar mehr, als manche Kolibri-Blüte.

Das lassen sich Bienen und Hummeln natürlich nicht entgehen: Bis zu viermal häufiger krabbelten die fleißigen Sammler in Blüten des Springkrauts als in die des benachbarten Sumpf-Ziest. Und auch als die Forscher in ein reines Sumpf-Ziest-Feld Behälter mit Springkraut stellten, sprach sich das offenbar schnell herum. Zwar besuchten die Bestäuber hier die fremden Blüten nicht ganz so oft, doch schon bald waren auch sie offenkundig beliebter als die einheimischen Nektarlieferanten. Der seltenere Blütenbesuch des Sumpf-Ziest zeigte sich denn auch deutlich in seiner um 25 Prozent verringerten Samenzahl.

Der asiatische Einwanderer setzt sich also nicht nur auf die übliche Weise durch, indem er den anderen den Boden oder die Nährstoffe wegnimmt. Die Pflanze greift zu einer weiteren Strategie: Sie macht ihren Nachbarn die Bestäuber streitig. Und da Bienen und Hummeln auf ihren Sammelflügen weite Strecken zurücklegen, kann die Konkurrenz zwischen Neophyt und einheimischen Bewohnern dadurch sogar über große Distanzen wirken.

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  • Quellen
Nature 411: 653 (2001)

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