Direkt zum Inhalt

Träumen: Ich glaub, ich wache

Beim "Klarträumen" befindet sich das Gehirn in zwei Bewusstseinszuständen gleichzeitig.
Tür zur Traumwelt
Traumbilder nehmen wir gewöhnlich für bare Münze – das macht Alpträume so schrecklich, denn die darin erlebte Furcht ist real. Manche Menschen merken aber im Schlaf, dass es sich nur um Fantasiebilder handelt: Sie haben Klarträume. Jetzt konnten Forscher um Ursula Voss von der Universität Bonn zeigen, dass das Gehirn dieser Personen offenbar zwei Bewusstseinszustände zugleich zeigt: Obwohl es träumt, nimmt es doch eine kritische Bewertung des Erlebten vor.

Als Versuchspersonen dienten 20 Bonner Studenten. Sie nahmen zuerst an einem gezielten Training teil, bei dem sie das "luzide Träumen" erlernen sollten. Dabei stellten sie sich tagsüber Situation vor, in denen sie Fantasie von Realität deutlich unterscheiden können. Bei sechs Teilnehmern wirkte die Methode, sie hatten nach vier Monaten Übung mindestens drei Klarträume pro Woche. Zudem konnten sie den Wissenschaftlern signalisieren, wenn sie sich in einem Klartraum befanden, indem sie ihre Augen nach einem zuvor verabredeten Muster nach links und rechts bewegten.

Die Forscher luden diese Probanden nun als Testschläfer ins Schlaflabor und zeichneten über Elektroden auf der Kopfhaut die Hirntätigkeit der Schlummernden auf. Ergebnis: Während eines Klartraums änderte sich vor allem die Aktivität im präfrontalen Kortex. Dessen Neurone sollen unter anderem für die kritische Bewertung von Ereignissen zuständig sein, im Schlaf sind sie normalerweise abgeschaltet – doch nicht bei luziden Episoden. "Es ist, als wäre ein Teil des Gehirns plötzlich ein wenig wacher, während der Rest weiter schläft", erklärt Voss.

Da sich die Fähigkeit zum Klarträumen trainieren lässt, könnte sie auch bei der Diagnose und Therapie von Psychosen helfen. Denn diese gehen genau wie Träume mit Fantasien einher, welche die Patienten für real halten. Auch Menschen, die häufig unter schweren Albträumen leiden, könnten auf diese Weise lernen, ihre nächtlichen Schrecken einem Realitäts-Check zu unterziehen. (sc)


Voss, U. et al.: Lucid dreaming: a state of consciousness with features of both waking and non-lucid dreaming. In: Sleep 32(9), S. 1191-1200, 2009.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.