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Ritter: Ihr letzter Kampf gegen den Ewigen Frieden

Vor 525 Jahren setzte der Ewige Landfrieden dem Faustrecht ein Ende. Rechtsweg statt Fehde? Diesen finalen Anschlag auf ihr Lebensideal konnten die Ritter nicht einfach hinnehmen.
Die Schlacht von Wenzenbach (1504)

»Stirb, Götz – Du hast Dich selbst überlebt«, sagt sich Götz von Berlichingen am Ende von Goethes gleichnamigem Drama. Vom historischen Vorbild, dem Ritter aus Neckarzimmern bei Heilbronn, ist dieser Satz nicht überliefert. Doch gut möglich, dass ihm die Erkenntnis ebenfalls kam. Denn es stimmte ja: Am Ende seines Lebens war der »Mann mit der eisernen Hand«, wie viele seiner Standesgenossen, ein gesellschaftliches Auslaufmodell.

Abgehängt auf dem Schlachtfeld vom gemeinen Fußvolk, das mit seinen Piken und Feuerwaffen jetzt Kriege entschied, und auf dem Feld der Wirtschaft, wo Stadtbewohner und Handwerker künftig die Geschäfte machten.

Und schließlich wurden die deklassierten Kleinadligen zu den großen Verlierern eines gesellschaftlichen Umbruchs, der sich über Jahrhunderte angekündigt hatte und sie dennoch scheinbar unvermittelt traf. Nirgendwo zeigt sich dieser gesellschaftliche Niedergang so deutlich wie in der Lebensgeschichte des Götz von Berlichingen, der um 1480 zum Ritter geboren wurde und 1562 als »Fehdeunternehmer« starb.

Mit ihm ging eine Epoche zu Ende, die noch heute den Ruf hat, besonders finster und gewalttätig gewesen zu sein. In der Tat kannte das Mittelalter eine besondere Form der Streitkultur – die Fehde, die nach Aussage des Theologen Heinrich von Gorkum (1378-1431) eine »alte Rechtsgewohnheit« (antiqua consuetudo) war. Als »gewaltsame, aber regelgebundene rechtliche Selbsthilfe« war sie ein weithin anerkanntes Mittel zur individuellen Rechtsdurchsetzung mit Waffengewalt – oftmals das einzige in einer Welt, die keine allseits akzeptierte Gerichtsbarkeit kannte. Ehebruch, die Verletzung eines Vasallen oder Totschlag waren Grund genug, die Fehde zu eröffnen – und damit das Recht in die eigene Hand zu nehmen.

Die Folge dieser gewaltsamen Konfliktaustragung war eben jene geradezu sprichwörtliche Friedlosigkeit des Mittelalters, unter der Menschen, ihr Handel, ihre Gewerbe und nicht zuletzt die Landwirtschaft immer stärker litten. Die Fehde war nach Meinung gelehrter Zeitgenossen zur existenziellen Bedrohung für das Reich geworden. Immer lauter wurde der Ruf nach einem obrigkeitlichen Gewaltmonopol und einer institutionalisierten Gerichtsbarkeit, die reichsweit und einheitlich alle Streitfälle regelte.

Aus für den adligen Privatkrieg

Er wurde erhört. Im Jahr 1495 kam es auf dem Reichstag zu Worms zu einem epochalen Durchbruch, als sich die weltlichen und geistlichen Fürsten des Heiligen Römischen Reichs versammelten und am 7. August einen historischen Beschluss fassten: Um das Fehdewesen, dieses Grundübel der Zeit, ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, verkündete der römische König und spätere Kaiser Maximilian I. (1459-1519) den Ewigen Reichslandfrieden.

Maximilian I. als Ritter | Der König und spätere Kaiser kultivierte auch für sich selbst das klassische Bild des Ritters. In der Realpolitik nahm er darauf jedoch wenig Rücksicht: Mit dem Ewigen Reichslandfrieden setzte er dem ritterlichen Lebensideal eine Art Schlusspunkt, in der Kriegsführung setzte er auf die Schlagkraft von Söldnern und Kanonen.

Niemand, gleich welcher gesellschaftlicher Stellung, so heißt es in der Urkunde, darf jemand anderen bekriegen oder ihm sonstiges Leid zufügen. Fortan war der adlige Privatkrieg überall im Reich und auf ewige Zeiten verboten. Es war ein Meilenstein für die Rechtsprechung. An die Stelle der Selbsthilfe sollte fortan der Rechtsweg treten. »Der Ewige Landfriede beinhaltete, modern formuliert, das ›Gewaltmonopol des Staates‹ – oder besser gesagt: das der öffentlichen Hand«, schreibt der Historiker Axel Gotthard von der Universität Erlangen-Nürnberg.

Für von Berlichingen und seine Standesgenossen war das ein Affront sondergleichen. In der Fehde zu streiten war »Symbol für den rechtlichen und sozialen Selbstbehauptungswillen des Ritteradels«, schreibt der emeritierte Paderborner Historiker Frank Göttmann. Und wie sich bald zeigen sollte, dachten etliche von ihnen nicht daran, sich dem Verbot zu beugen. Sie taten, was sie von alters her gewohnt waren: Sie griffen zum Schwert.

Gegen das uralte Faustrecht war schwer anzukommen

Dabei war die Idee eines Fehdeverbots keine Erfindung des 15. Jahrhunderts. Doch gegen die uralte Tradition der Selbstjustiz waren seine Verfechter fast immer vergeblich angerannt. Schon im Frühmittelalter hatte der Einzelne das Recht, Ehrverletzungen oder Angriffe auf Leib, Hab und Gut durch eine Art Privatsache zu sühnen. Wann immer ein Anspruch oder Rechtstitel durchgesetzt werden sollte, wann immer ein Mann von Rang sich in seinem Stand und seiner Ehre gekränkt sah, stand ihm die Fehde als legitimes Rechtsmittel zu Gebote.

Fehden galten primär der Rechtswahrung und nur selten der Vernichtung des Gegners. Man führte sie als Kleinkrieg durch Raub, Geiselnahme oder Brandstiftung. Ziel war es, dem Gegenspieler »möglichst großen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen«, um diesem die »faktische Unhaltbarkeit seines Rechtsanspruchs vor Augen zu führen und ihn zum Einlenken zu bewegen«, sagt Sabine Buttinger, Lehrbeauftragte für mittelalterliche Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Leidtragende dieser gewaltsam ausgetragenen Adelskonflikte waren vor allem die Zivilbevölkerung, die Bauern, denen die Gehöfte niedergebrannt, das Vieh fortgetrieben und geschlachtet, die Ernten vernichtet wurden. Aber auch kirchliche Einrichtungen wie Klöster und deren Ländereien galten den fehdeführenden Streitparteien als bevorzugte Angriffsziele. Entsprechend groß waren die Kollateralschäden, was wiederum den Landesfürsten ein Dorn im Auge war, denen an einer Befriedung und Konsolidierung ihrer Territorien gelegen war. Im schlimmsten Fall konnten sich Fehden über Jahre hinziehen und ganze Familien auslöschen.

Gottgewollte Waffenruhe

Geistliche und weltliche Autoritäten mühten sich nach Kräften, die ausufernde Gewalt einzudämmen, doch es war ein fast aussichtsloses Unterfangen. Nach Auffassung der Zeitgenossen hatte in deutschen Landen zuvörderst der König für Frieden und Sicherheit zu sorgen. »Aufstände kraftvoll niederzuschlagen, Kriege zu befrieden und das Band des Friedens zu erweitern« waren Bischof Gerhard von Cambrai (um 980-1051) zufolge zentrale Aufgaben des gesalbten Herrschers.

Nicht immer war die Zentralgewalt stark genug, um die Eigenmacht des fehdeführenden Adels einzudämmen. In den territorial zersplitterten Reichen war der König oft weit weg.

Wo die Krone versagte, versuchten kirchliche Würdenträger dem anarchischen Treiben Einhalt zu gebieten. Im 11. Jahrhundert begannen Bischöfe im Süden Frankreichs eine Bewegung für die »Pax Dei« ins Leben zu rufen. Dieser »Gottesfrieden« sollte für eine bestimmte Zeit gelten und garantieren, dass wenigstens an kirchlichen Hochfesten, den Sonn- und Feiertagen niemand sein Schwert erhob. Während dieser gottgewollten Waffenruhe durften bestimmte Plätze (Klöster, Gotteshäuser), Personen (Geistliche, Frauen und Kinder, Pilger) nicht verletzt, Feldfrüchte nicht verbrannt und Tiere nicht von der Weide verschleppt werden. Diese »Aktion kirchlicher Selbsthilfe«, wie der 2004 verstorbene Historiker Josef Fleckenstein die Initiativen nannte, zielte darauf ab, die selbst angemaßte Gewaltanwendung moralisch zu verurteilen, und mündete in die im 12. Jahrhundert aufkommende Landfriedensbewegung.

Weltliche Herrscher wie der Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa griffen die pazifistische Idee der Kirche auf und versuchten eine möglichst reichsumfassende Friedensordnung zu etablieren. Ihr hehres Ziel, Rechtsstreitigkeiten friedlich beizulegen, verfehlten sie aber, weil es keine gefestigte Rechtsordnung gab, die die neue Ordnung hätte reichsweit durchsetzen können.

Götz von Berlichingen | Von seiner Burg Hornberg in Neckarzimmern aus zettelte der »Fehdeunternehmer« zahlreiche Kleinkriege an. Wie viele seines Standes kämpfte er um sein finanzielles Überleben, aber auch um die Bewahrung ritterlicher Autonomie. Der Holzschnitt geht auf ein Gemälde aus dem Jahr 1535 zurück.

Wenn man die gewaltsame Selbsthilfe schon nicht ganz zu beseitigen vermochte, dann versuchte man die Gewaltexzesse wenigstens räumlich und zeitlich zu begrenzen und durch gewisse Regularien einzuschränken. Bestrebungen dieser Art finden sich im Reichslandfrieden von 1186, der so genannten »Constitutio contra incendiarios«, in der die förmliche schriftliche Fehdeerklärung eingeführt wurde. Drei Tage sollten zwischen der Aushändigung des Fehdebriefs und der Eröffnung der Kampfhandlungen vergehen. Nicht waffenfähige Personen gab das Zeit, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen – was nicht zuletzt den hohen volkswirtschaftlichen Schaden der Privatfehden mindern sollte. Der Schadensbegrenzung diente darüber hinaus das Verbot des Einsatzes von Brand und Brandlegung, ein häufig praktiziertes Fehdemittel, das fortan unter Strafe gestellt wurde.

Mainzer Reichslandfrieden: Fehde nur noch mit Richter

Auch in den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Versuche, das Fehderecht weiteren Verfahrensregeln zu unterwerfen und private Rechtsstreitigkeiten nur noch unter bestimmten Bedingungen zu erlauben. So wurde im Mainzer Reichslandfrieden von 1235 der Fehde ein richterliches Präjudiz vorgeschaltet. In Artikel 29 des kaiserlichen Edikts heißt es: »Niemand darf sein Recht […] ganz gleich, in welcher Sache ihm Schaden oder Belästigung zugefügt worden sein mag, […] im Wege der Fehde durchsetzen, wenn er nicht zuvor Klage vor dem zuständigen Richter erhoben und sein Recht bis zu einem rechtskräftigen Urteil verfolgt hat.« Denn, so heißt es im Artikel 5: »Recht und Gericht sind geschaffen, damit niemand Rächer seines eigenen Unrechts werde; denn wo die Autorität des Rechts fehlt, herrschen Willkür und Grausamkeit«.

Es sei im Grunde um nichts anderes als um eine weitere »Delegitimierung der Fehde« gegangen, schreibt der emeritierte Saarbrücker Mediävist Elmar Wadle. Von hier aus wäre es eigentlich nicht mehr weit gewesen, die Fehde vollständig unter Strafe zu stellen. Doch auf diesen Schritt mussten das Reich und seine Bewohner noch über zweieinhalb Jahrhunderte warten – bis zu ebenjenem Reichstag in Worms.

Das Reichslandgericht soll künftig alle Streitsachen klären

Mit dem dort gefassten Beschluss war der adlige Privatkrieg allerdings längst nicht aus der Welt. Zum einen war es mit einem bloßen Verbot nicht getan. Zur Sicherung des Landfriedens musste nachhaltig dafür gesorgt werden, dass Konflikte anders als mit Gewalt, nämlich auf einem förmlichen Rechtsweg gelöst werden konnten. Deshalb setzte Maximilian noch am selben Tag unter dem Titel »des Kaisers und des Reichs Kammergericht« (kurz: Reichskammergericht) eine in Zusammensetzung und Verfahren völlig neue Rechtsinstanz ein. Diese oberste Rechtsinstanz, zunächst in Frankfurt am Main, später in Speyer und Wetzlar ansässig, wurde die erste Zentralbehörde im Heiligen Römischen Reich.

Mit der Gründung des Reichskammergerichts entstand nun erstmals eine dauerhafte Institution zur Wahrung des Landfriedens. Wer fortan glaubte, seine Ansprüche mit Waffengewalt durchsetzen zu können, statt vor das Reichskammergericht und seine Instanzen zu ziehen, bekam den langen Arm eben desselben zu spüren. Es war befugt, im Namen des Königs die Reichsacht zu verhängen und ohne Rücksicht auf Standesunterschiede für die Verfolgung, Festnahme, Verurteilung und Vollstreckung zu sorgen.

Begegnung von Bauer und Ritter, Holzschnitt um 1521 | Mit dem Ende des Mittelalters trieben Handwerk und Handel die Wirtschaft voran. Die Rittergüter warfen immer weniger ab, denn die Pestwellen des 14. Jahrhunderts hatten die Bevölkerung schrumpfen lassen. Dadurch sank auch die Nachfrage nach Getreide.

Allerdings konnte das Reichskammergericht nicht auf Anhieb mit seiner Arbeit beginnen. Es galt, die notwendigen Rechtsorgane erst auszubilden, und das in einer Zeit, die von Glaubenskämpfen, Bauernkriegen und politischen Krisen geprägt war. So dauerte es beispielsweise nach dem Reichstag von Worms noch weitere 60 Jahre, bis 1555 mit der Reichsexekutionsordnung das Reichskammergericht in der politischen Struktur des Reichs so verankert wurde, dass es seinen Aufgaben unabhängig von kaiserlichem Einfluss nachkommen konnte.

Der Zorn der Abgehängten

Zum anderen waren da die Ritter. Schon länger führten sie Fehden nicht mehr nur zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts, sondern auch aus persönlichem Gewinn- und Machtstreben. Wie ein Katalysator beschleunigte der Ewige Landfrieden von 1495 diese Entwicklung. Zu stolz, eine höfische oder militärische Karriere als schlecht entlohnter Befehlsempfänger im Dienst der Fürsten einzuschlagen, setzten sich etliche gegen die Beschneidung ihrer Privilegien zur Wehr und machten die eigentlich geächtete Fehde zu einem lukrativen Geschäftsmodell. Aus ehrbaren adligen Kriegern wurden »Raubritter«, die auf eigene Rechnung ihr materielles Auskommen suchten. Manche aus Not, manche aus Überzeugung.

Ihr Zorn richtet sich dabei gegen die Territorialfürsten, die die Schwäche des niederen Adels ausnutzten, um dessen Einfluss einzudämmen und ihn ihrer Landesherrschaft zu unterwerfen. Für Kurt Andermann, Archivar und Honorarprofessor am Historischen Institut der Universität Freiburg, ist das »Raubrittertum« eine unmittelbare Reaktion auf den politischen Wandlungsprozess und den sozialen Abstieg einer vormals bevorrechtigten Standesgruppe. »Seit der Reichstag 1495 das alte Fehderecht zu Gunsten allgemeiner Rechtsnormen aufgehoben hat und die Territorialherren an Macht gewinnen, ist vom ritterlichen Lebensideal nicht mehr viel übrig«, schreibt auch Luise Schorn-Schütte, emeritierte Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Frankfurt.

Götz macht die Fehde zum Geschäft

Auch Götz von Berlichingen macht schließlich den »Händel« zum Beruf. Stets auf Krawall gebürstet, spezialisiert sich der fränkische Reichsritter auf Fehden. Insgesamt 30 Stück werden es am Ende sein. Um Verfahrensregeln, wie in der »Constitutio contra incendiarios« von 1186 und im Mainzer Landfrieden von 1235 zur Regulierung der Fehde festgelegt, schert sich der Mann mit der kunstvoll gearbeiteten Handprothese wenig. Selbst Städten wie Köln, Bamberg oder Nürnberg wirft er den Fehdehandschuh zu. Mal wegen eigener Ansprüche, mal, wie er selbst schreibt, für »Herren, Freunde und gute Gesellen in ihren selbsteigenen Sachen«, deren Streitfälle er sich zu eigen macht – wenn die Kasse stimmt.

Auf Dauer konnte das nicht gut gehen. Als er im Jahr 1512 Kaufleute auf ihrer Heimkehr von der Leipziger Messe überfällt, fackelt Kaiser Maximilian nicht lange und verhängt die Reichsacht über von Berlichingen. Erst durch Zahlung einer stattlichen Summe wird er davon entbunden. Wer nun glaubte, der Ritter würde sein Schwert an den Nagel hängen, hatte sich getäuscht. Durch Allianzen und alte Feindschaften in kaum zu durchschauende Konflikte verstrickt, geht für ihn der Kampf immer weiter.

Sein Kleinkrieg gegen den Schwäbischen Bund, ein Fürstenbündnis, das den Landfrieden verteidigen sollte, endete in einer Niederlage, die ihm drei Jahre Haft in Nürnberg bescherte. Erst als er jeglicher weiterer Fehde abschwur – »Urfehde« leistete –, ließ man ihn ziehen.

Es war nicht seine letzte Urfehde. Der Konflikt mit dem Schwäbischen Bund flammte alsbald wieder auf und ließ den Anfang Vierzigjährigen wieder in den Krieg ziehen, den Odenwälder Bauernkrieg in diesem Fall. Sein Engagement für die Sache der Bauern beruhte allerdings nicht unbedingt auf Freiwilligkeit. Nachdem die Auseinandersetzung verloren war, ging das Schauspiel mit vertauschten Rollen weiter: Das Reichskammergericht, just jene Institution also, die seinem Lebenswandel die Grundlage entzogen hatte, sprach ihn von allen Vorwürfen frei. Der Schwäbische Bund jedoch scherte sich nicht um den Richterspruch und verfolgte von Berlichingen auf eigene Faust. Er wurde erneut festgesetzt, mit Lösegeld belegt und musste sich nach geleisteter Urfehde lebenslang unter Hausarrest begeben. Nur noch einmal zog er in den Kampf, auf Anweisung von höchster Stelle diesmal: Der Kaiser brauchte seine Ritter im Krieg gegen das Osmanische Reich.

Wie viele seiner niederadligen Standesgenossen, die nicht gewillt waren, sich dem gesellschaftlich-politischen Wandlungsprozess zu Beginn des 16. Jahrhunderts anzupassen, wirkt von Berlichingens Leben wie ein dauernder Kampf gegen Windmühlen. Er war zwar kein »Ritter von der traurigen Gestalt«, wie Miguel Cervantes' Don Quijote, aber auch er musste einsehen, dass die alte Zeit unwiederbringlich dahingegangen war. Der Wormser Reichslandfrieden hatte hierzu den entscheidenden Anstoß gegeben, auch wenn die Ursachen für den sozialen Abstieg des Rittertums ungleich tiefer lagen. Und doch verdankt die Gegenwart diesem am 7. August 1495 in der Nibelungenstadt verkündeten »Grundgesetz des Alten Reiches« einiges, was heute selbstverständlich erscheint: die Ausbildung des Strafrechts und der Strafgerichtsbarkeit, den Ausbau gerichtlicher Verfahren und die Ausbildung öffentlicher Gewalt.

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