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News: Im Auge des Sturms – ein „Hurrikan“ auf Venus

Schon vor mehr als dreißig Jahren wurde am Südpol unseres Nachbarplaneten eine wirbelförmige Wolkenstruktur entdeckt. Nun fotografierte die europäische Raumsonde Venus Express die Region. Die neuen Bilder stellen die Wissenschaftler vor ein Rätsel.
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Mariner 10 nahm 1974 auf ihrem Flug zum Merkur die südliche Polarregion der Venus ins Visier und lieferte erstmals Anzeichen für eine großflächige dynamische Struktur in der dortigen Atmosphäre. Die ESA-Sonde Venus Express, die den Höllenplaneten seit April 2006 umkreist, fotografierte den fast 2000 Kilometer großen Wolkenwirbel nun mehrfach und enthüllte Erstaunliches: In seinem Zentrum befindet sich ein Gebilde, das stark an das Auge eines Hurrikans erinnert. Zudem scheint sich die Form des gesamten Wirbels innerhalb von nur wenigen Tagen zu verändern. Wie dies möglich ist, wissen die Forscher bis dato nicht. Die Entdeckung gelang durch zwei kurz aufeinander folgende Aufnahmen der Kamera VIRTIS an Bord des Orbiters. Das Gerät misst die Zusammensetzung der tieferen Atmosphärenschichten sowohl im infraroten als auch im ultravioletten Licht.

Auch wie die riesige Wolkenstruktur überhaupt entsteht, ist momentan noch unbekannt. Eine mögliche Erklärung sieht wie folgt aus: Am Äquator erhitzt sich durch die starke Sonneneinstrahlung Gas in den Atmosphärenschichten. Das Gas wandert in Richtung der Pole. Unterwegs wird es durch die Rotation der Venus seitlich abgelenkt und wirbelförmig verteilt. Diese Theorie könnte erklären, weshalb auch am Nordpol des Planeten eine ähnliche Wolkenstruktur existiert. Die ESA-Wissenschaftler werden die Region zukünftig genauer unter die Lupe nehmen, um Antworten auf die offenen Fragen zu finden.

Unsere Sonne ist wahrscheinlich auch der Grund, dass die Venus der wohl trockenste Ort unseres Planetensystems ist. Da der Planet nur ein schwaches, von der Sonne induziertes, Magnetfeld besitzt, trifft der von unserem Zentralgestirn ausgehende Sonnenwind beinahe ungehindert auf seine Atmosphäre und zerstört dadurch den darin gespeicherten Wasserdampf. Die ultraviolette Strahlung spaltet die Wassermoleküle in den höheren Atmosphärenschichten in ihre Bestandteile auf – Wasserstoff und Sauerstoff – wodurch der Planet zunehmend austrocknet, da ein Teil der freigesetzten Atome in den Weltraum diffundiert. Würde man den gesamten gespeicherten Wasserdampf der Venus schlagartig auf die Oberfläche regnen lassen, wäre der ganze Planet nur mit einer rund 25 Millimeter hohen Wasserschicht bedeckt. Im Vergleich: Die gleiche Aktion auf der Erde würde eine fast drei Kilometer hohe Wassersäule erzeugen.

Venus Express ist die erste europäische Raumsonde, die unseren inneren Nachbarn besucht. Ihr Name ist passend, da nie zuvor so wenig Zeit zwischen dem Planungsbeginn und dem Start einer Mission lag. Möglich war dies, weil für Venus Express das Design der früheren ESA-Sonde Mars Express übernommen wurde. Am 9. November 2005 brachte sie eine Soyus-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Baikonur in den Orbit, von wo aus ihre 155 Tage dauernde Reise zur Venus begann. Zu den Hauptaufgaben gehört die Analyse und die Beobachtung der komplexen Vorgänge in der Venus-Atmosphäre.

MS

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