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Wenig Bewegung: Immer mehr Menschen sitzen zu viel

Mehr als die Hälfte der Deutschen verbringt zu viel Zeit im Sitzen. Vor allem unter Männern nimmt die Zahl der Bewegungsmuffel zu.
Leute sitzen auf einer Couch

Immer mehr Menschen sitzen in Deutschland jeden Tag viel zu lange auf dem Sofa, auf dem Bürostuhl oder im Auto – und gefährden dadurch ihre Gesundheit. Der Anteil jener, die nach eigenen Angaben täglich mehr als viereinhalb Stunden im Sitzen verbringen, kletterte zwischen 2002 und 2017 um 7,4 Prozent, wie Forscher der spanischen Universidad Rey Juan Carlos (URJC) in Madrid im Fachblatt »BMC Public Health« schreiben. Nach dieser Studie gehörten in Deutschland zuletzt 57,2 Prozent der Männer und 50,2 Prozent der Frauen zu den »Dauersitzern«.

Nicht nur in Deutschland wächst ihre Zahl. Die URJC-Forscher analysierten die Ergebnisse von vier europäischen Umfragen mit mehr als 96 000 Teilnehmern in allen EU-Ländern. Demnach nimmt die körperliche Passivität überall zu. Zuletzt hatten 54,3 Prozent der Befragten eingeräumt, täglich länger als viereinhalb Stunden zu sitzen. In Deutschland waren es 53,7 Prozent. Die Forscher betrachten viereinhalb Stunden als Schwellenwert, ab dem bestimmte Gesundheitsrisiken steigen.

Vor allem Männer würden zunehmend zu Bewegungsmuffeln: Während der Anteil der Vielsitzer unter ihnen von 2002 bis 2017 um 15,6 Prozent stieg, fiel er bei den Frauen um 1,2 Prozent. Außerdem sind die Jüngeren etwas weniger bewegungsfreudig als Ältere: In der Gruppe der Menschen ab 65 Jahren betrug der Anteil 55,6 Prozent, bei den 18- bis 24-Jährigen dagegen 58,3 Prozent. Die Gruppe der 35- bis 44-Jährigen verzeichnete den stärksten negativen Trend: Hier kletterte der Anteil um 15,4 Prozent von 43,7 auf 50,4 Prozent.

Die Autoren machen vor allem neue Technologien verantwortlich. »Wir stellen die These auf, dass die zunehmende körperliche Inaktivität in erster Linie darauf zurückgeführt werden kann, dass die Menschen bei der Arbeit und auch in der Freizeit immer mehr mit Technologien wie Smartphones und Streamingdiensten interagieren«, sagt Hauptautor Xián Mayo.

Das viele Sitzen sei ein Hauptrisikofaktor für die Entwicklung vieler chronischer Krankheiten wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Krebs, schreiben die Forscher. Ein Grund dafür sei der niedrige Kalorienverbrauch.

»Der Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System laufen auf Sparflamme«Sportmediziner Klaus Völker, Universität Münster

Der Sportmediziner Klaus Völker von der Universität Münster befürchtet, dass das Homeoffice in Zeiten von Corona die Lage zusätzlich verschlimmert habe. Viele Menschen hätten nicht mehr die Möglichkeit, im Büro zu Kollegen zu laufen, um eine Frage zu stellen.

»Der Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System laufen auf Sparflamme«, sagt Völker. Dadurch steige das Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen wie Diabetes. Zudem belaste langes Sitzen unter anderem Beinvenen, Muskeln und die Haltung. Die negativen Auswirkungen könnten durch Sport am Abend nicht völlig kompensiert werden. Er empfiehlt deshalb, die Sitzposition häufig zu ändern und immer mal wieder kurz aufzustehen. Studien hätten gezeigt, dass schon kurzes Aufstehen positive Effekte habe.

(dpa/eli)

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