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Medizin: Wachsende Gefahr durch Nikotinbeutel

Der Absatz von Nikotinbeuteln ist stark gestiegen. Und damit die Gefahr, dass kleine Kinder sich unabsichtlich damit vergiften.
Eine offene schwarze Dose mit mehreren weißen Beuteln, die Nikotin enthalten, auf einer dunklen Oberfläche. Die Beutel sind ordentlich gestapelt und die Dose ist teilweise geöffnet.
Dank Süß- und Aromastoffen haben Nikotinbeutel oft einen angenehmen Geschmack. Das lässt leicht vergessen, dass sie voller Nerventoxin sind. Insbesondere bei Schwarzmarktware kann der Nikotingehalt enorm hoch liegen und den einer Zigarette mehrfach übersteigen. Den Konsumentinnen und Konsumenten drohen dadurch Vergiftungen.

Nikotinbeutel stellen eine wachsende Gesundheitsgefahr für kleine Kinder dar. Die Zahl der Fälle, in denen Kinder solche Produkte verschluckt haben, ist in den USA zwischen 2020 und 2023 um das Achtfache gestiegen. Das berichtet eine Forschungsgruppe um Gary Smith von der Ohio State University.

Nikotinbeutel, auch als Nikotinkissen, White Snus oder Pouches bezeichnet, sind Täschchen aus Zellulose oder anderem faserigem Material, die man sich in den Mund schiebt. Sie enthalten Salze, Süß-, Aroma- und Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker – und natürlich Nikotin. Der Stoff geht über die Mundschleimhaut ins Blut über, was binnen weniger Minuten die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Dopaminausschüttung steigert. Nikotinbeutel sind tabakfreie Produkte und fallen deshalb in vielen Ländern nicht unters Tabakrecht. Unbedenklich sind sie darum noch lange nicht: Nikotin ist ein Nervengift, das – wie jedes Toxin – oberhalb einer bestimmten Dosierung für Vergiftungserscheinungen sorgt. Nikotinbeutel enthalten mitunter extrem hohe Mengen davon. Ihr Konsum hat in den zurückliegenden Jahren stark zugenommen, vor allem unter Jugendlichen. Die Produkte erfreuen sich wachsender Beliebtheit, weil sie keine penetranten Rauchgerüche wie Zigaretten verursachen und sich daher unauffällig konsumieren lassen.

Das Team um Smith hat rund 135 000 Fälle aus den Jahren von 2010 bis 2023 ausgewertet, die von US-Giftnotrufzentralen gemeldet worden waren und bei denen Kinder unter sechs Jahren bedenklich hohe Nikotinmengen eingenommen hatten. Die meisten dieser Vorfälle fanden im häuslichen Umfeld statt und betrafen unter Zweijährige. Verschluckt wurden Nikotinbeutel, nikotinhaltige Kaugummis oder Lutschtabletten, E-Liquids, Granulate oder Kapseln. In 39 Fällen führte das zu schweren Komplikationen, zweimal mit tödlichem Ausgang. Das Verschlucken von Nikotinbeuteln ging überproportional oft mit ernsten medizinischen Problemen einher. Zwischen 2020 und 2023 stieg die Zahl entsprechender Fälle um 763 Prozent.

»Nikotinbeutel sind eine ernste und zunehmende Vergiftungsgefahr für kleine Kinder«, äußert Hannah Hays vom Central Ohio Poison Center, die an der Studie mitwirkte, in einer Pressemitteilung. »Der rasche Anstieg der Fallzahl und die vergleichsweise ernsten Konsequenzen des Verschluckens von Nikotinbeuteln machen deutlich, welche Herausforderungen die neuen Nikotinprodukte für die öffentliche Gesundheit mit sich bringen.«

Viele dieser Produkte seien aromatisiert und würden in bunten Verpackungen verkauft, die auf kleine Kinder attraktiv wirkten, geben die Fachleute zu bedenken. Den Zusatz von Aromastoffen zu verbieten, würde die Erzeugnisse weniger schmackhaft machen, dem Verschlucken durch kleine Kinder entgegenwirken und Jugendliche vom Konsum abhalten. Generell, schreiben die Forscherinnen und Forscher, sollten Nikotinprodukte stets außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt und nicht in ihrer Gegenwart konsumiert werden.

  • Quellen
Smith, G. et al., Pediatrics 10.1542/peds.2024–070522, 2025

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