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News: Immunantwort bei Transplantationen überlistet

Ein häufig auftretendes Problem bei Organ- und Gewebetransplantationen besteht darin, daß das Immunsystem des Empfängers das gespendete Gewebe angreift und abstößt. Die Mediziner versuchen, den Abstoßungs-Effekt durch die Verwendung von Gewebe zu verringern, das jenem des Patienten möglichst ähnlich ist. Zusätzlich wird die Reaktion des Immunsystems medikamentös unterdrückt, was allerdings den bereits erkrankten Patienten anfällig für Infektionen macht. Durch Injektionen von Milzzellen des Spenders in den Organ-Empfänger kann jedoch eine langfristige Toleranz gegenüber transplantiertem Gewebe erzielt werden.
Haruo Morita und Kikuta Sugiura von der Kansai Medical University in Moriguchi, Osaka, Japan, und ihre Kollegen beschreiben die Methode zur Toleranzerhöhung gegenüber Spendergewebe bei Transplantationen in Proceedings of the National Academy of Sciences vom 9. Juni 1998.

Die Unterdrückung der Reaktion des Immunsystem gegenüber gespendetem Gewebe war bisher die einzige Möglichkeit, eine Abstoßung des Transplantats zu verhindern. Bei einer erst vor kurzem entwickelten Alternative dazu wird das Knochenmark des Empfängers, in dem die Blutzellen produziert werden, durch Strahlung zerstört und dann durch Knochenmark des Organspenders ersetzt. Diese Technik hat den Vorteil, daß die Immunaktivität wiederhergestellt wird und somit Infektionen bekämpft werden können, jedoch ist die Bestrahlung nicht ohne Risiken.

Bei der jetzt neu beschriebenen Technik der japanischen Wissenschaftler muß das Immunsystem des Empfängers weder medikamentös unterdrückt noch durch Bestrahlung abgetötet werden. Stattdessen werden dem Empfänger vor der Gewebeübertragung einige der Immunzellen des Spenders injiziert. In Tests an Mäusen hat diese Methode bisher die Abstoßung des gespendeten Gewebes verhindert.

Die Forscher spritzten entweder präparierte Milzzellen, die eine Vielzahl von T-Immunzellen aufweisen, oder Knochenmarkzellen aus dem Gewebe der Spendermaus in die Portalvene der Empfängermaus. Diese Vene transportiert Blut in die Leber. Aus früheren Versuchen war bekannt, daß die Injektion von Antigenen, die normalerweise das Immunsystem aktivieren, in das Blutgefäß keinen immunogenetischen Einfluß hat. Dieser Weg erlaubt daher die Einführung fremder Zellen in den Wirt. Nach fünf Tagen bekamen einige Mäuse eine zweite Injektion, dieses Mal in eine Vene nahe der Hautoberfläche. Am siebten Tag erhielten die Mäuse dann eine Hauttransplantation vom selben Spender, von dem auch die Immunzellen stammten.

Am erfolgreichsten war die Behandlung, wenn für die erste Injektion Milzzellen und für die zweite Knochenmarkzellen verwendet wurden. Die ursprüngliche Injektion von Spender-T-Zellen erleichtert die Akzeptanz des gespendeten Hauttransplantats und verhindert, daß die Wirts-eigenen T-Zellen gegen das Spendergewebe reagieren. Eine anhaltende Toleranz wird ausgelöst durch den chimären Charakter der Behandlung, wobei das Knochenmark des Spenders zu neuen Immunzellen heranreift und in das Knochenmark und die Milz des Wirts wandert.

Die Forscher sehen keinen Grund, warum das Verfahren nicht so komprimiert werden könnte, daß es an einem einzigen Tag durchgeführt werden kann, so daß es für Operationen am Menschen besser anwendbar ist. "Diese Strategie", erklären sie, "könnte mit geringfügigen Veränderungen, möglicherweise dazu beitragen, die großen Hürden bei Organtransplantation am Menschen zu überwinden."

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