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In einer Höhle: Größtes Spinnennetz der Erde ist gigantisch

In einer Höhle stießen Wissenschaftler auf ein riesiges Gespinst. Es ist das Gemeinschaftswerk unzähliger Achtbeiner, die hier leben – und fressen.
Ein Höhlenforscher in roter Schutzkleidung und Helm mit Stirnlampe steht in einer dunklen Höhle vor einer weiß-glänzend versponnenen Felsformation. Die Oberfläche der Formation ist unregelmäßig und reflektiert das Licht, wodurch ein schimmernder Effekt entsteht. Der Forscher betrachtet die Struktur aufmerksam.
Staunend standen die Wissenschaftler vor der Wand aus Spinnenseide.

Über mehr als 100 Quadratmeter erstreckt sich diese Wand aus Seide: das größte, bekannte Spinnennetz der Erde. Gefunden haben es Wissenschaftler um István Urák von der Universität Transsilvanien in Sfântu Gheorghe tief unter der Erde in einer Höhle an der griechisch-albanischen Grenze. Es ist das Gemeinschaftswerk von mehr als 100 000 Spinnen, die gleich zwei Arten angehören (Tegenaria domestica und Prinerigone vagans), was dem Fund noch eine besondere Note gibt: Vertreter beider Spezies leben nicht nur mehr oder weniger friedlich nebeneinander, sondern bilden sogar eine Kolonie, was bislang von diesen Arten so nicht nachgewiesen war.

Das hängt wahrscheinlich mit den besonderen Umständen zusammen, unter denen die Achtbeiner leben. Sie kommen auch an der Erdoberfläche vor, doch gehen sie sich dort aus dem Weg. In der sogenannten Schwefel-Höhle, in der Uráks Team das Netz und seine Bewohner entdeckte, herrschen jedoch einmalige Bedingungen. Aus zahlreichen natürlichen Quellen in der Höhle sprudelt stark schwefelhaltiges Wasser empor, das nicht nur intensiv riecht, sondern anschließend auch durch weite Teile des Höhlensystems strömt.

Dadurch entstand ein chemoautotrophes Ökosystem, dessen Basis nicht die Fotosynthese bildet. Stattdessen wandeln Mikroorganismen die schwefelhaltigen Verbindungen energiegewinnend um und bilden dadurch die Grundlage für ein eigenes Nahrungsnetz. Die Schwefelbakterien breiten sich in einem dicken Biofilm entlang der Höhlenböden und -wände aus, wovon sich wiederum winzige Larven von Höhlenmücken und -fliegen, aber auch Springschwänze und Asseln ernähren. Und diese enden dann zahlreich in den Spinnennetzen, wo sie die riesige Truppe an Achtbeinern versorgen. Die seidene Wand befindet sich denn auch in einem Höhlenabschnitt, wo besonders große Fliegenschwärme die Wissenschaftler beeindruckten.

Genetische Analysen der Spinnen zeigten, dass sie schon lange Zeit isoliert von ihren Artgenossen auf der Oberfläche leben und sich nicht mehr untereinander fortgepflanzt zu haben scheinen. Auch ihre Darmflora unterscheidet sich von der Verwandtschaft. Noch sind sie aber zu nahe miteinander verwandt, um als eigene Arten zu gelten. 

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  • Quellen
Urák, I. et al., Subterranean Biology 10.3897/subtbiol.53.162344, 2025

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