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Geomorphologie: In Sibirien explodiert die Erde

In der Tundra ist der Sommer eine explosive Jahreszeit. Methanblasen öffnen sich gewalttätig - und werden dabei von seismischen Geräten aufgezeichnet.
Senkloch-Seen in Sibirien

Seit einigen Jahren machen immer wieder Meldungen über mysteriöse Explosionen in der sibirischen Tundra die Runde durch die Medien. Auch 2017 kam es offensichtlich wieder zu gewalttätigen Entladungen auf der Jamal-Halbinsel im nordwestlichen Sibirien, wie die »Siberian Times« berichtete. Mindestens zwei neue »schwarze« Löcher klafften demnach im Boden – eines davon hat einen Durchmesser von acht Metern und ist rund 20 Meter tief. Dieses explodierte laut Zeugenberichten am Morgen des 28. Juni 2017 mit einem lauten Knall und einer großen Flamme und Rauchwolke, so die Aussage eines örtlichen Rentierzüchters. Wo mittlerweile das Loch ist, hatte sich die Erde zuvor wohl stärker aufgewölbt, denn der Augenzeuge spricht von einem Hügel, der anschließend verschwunden war. Während der Explosion wurden demnach auch große Erdmassen in die Luft gerissen.

Bilder bei der »Siberian Times« zeigen große Brocken rund um den Auswurfkrater, der sich mittlerweile mit Wasser gefüllt hat. Teilweise sind sie auch noch vereist, da Permafrostboden in der Umgebung verteilt wurde. Noch vor zwei Jahren befand sich an der besagten Stelle bloß flaches Land; innerhalb von nur einem Jahr hob sich das Gebiet dann stark an, bevor sich die Blase Ende Juni explosiv entlud. Die zweite gemeldete Explosion fand dagegen früher statt, denn Zeugen erzählten, dass noch Schnee gelegen haben soll, als sie sich ereignete.

Wegen der heftigen Entstehungsgeschichte gehen Wissenschaftler um Alexander Sokolov von der Russischen Akademie der Wissenschaften davon aus, dass Methangasblasen geplatzt sind – entweder weil sich zu hoher Druck aufgebaut oder weil sich das Gas beispielsweise durch einen Blitzschlag entzündet hatte. Warum sich jedoch die Gasblasen im Permafrost überhaupt bilden und ob ihre Zahl in den letzten Jahren zugenommen hat, wird noch diskutiert. Eine Zählung 2016 hatte ergeben, dass sich mindestens 7000 Blasen in der Region aufwölben. Möglich wäre, dass die Erderwärmung diesen Prozess antreibt und beschleunigt. Wetterdaten bestätigen, dass sich die Region seit Jahrzehnten erwärmt. Die beobachtete schlagartige Zunahme der Gasblasen 2016 führten Geowissenschaftler vor Ort auf den Sommer 2016 zurück, der überdurchschnittlich warm ausgefallen war: Teilweise herrschten Temperaturen von bis zu 35 Grad Celsius, was für diese weit nördlich gelegene Region sehr außergewöhnlich ist. Allerdings ist die Region übersät mit relativ runden Seen – womöglich Reste vorangegangener Explosionen, die schon seit Jahrhunderten stattfinden könnten.

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