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Biodiversität: Auch im Wald geht die Zahl der Insekten dramatisch zurück

Für landwirtschaftlich genutzte Gebiete ist das Insektensterben bereits gut dokumentiert. Doch auch in deutschen Wäldern nimmt die Zahl der Insekten ab.
Feuerwanzen (Pyrrhocoris apterus) auf dem Waldboden
Pflanzen fressende Insekten wie Gemeine Feuerwanzen (Pyrrhocoris apterus) sind nicht ganz so stark rückläufig wie etwa der Totholz zersetzende Schwarzfleckige Zangenbock (Rhagium mordax).

Nicht nur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auch im Wald ist die Zahl der Insekten in den vergangenen 15 Jahren drastisch geschrumpft. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende der Technischen Universitäten Darmstadt und München in einer neuen Studie. Demnach sei die Individuenzahl bei mehr als 60 Prozent der untersuchten Insektenarten rückläufig. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift »Communications Biology« veröffentlicht.

Die Fachleute analysierten, wie sich die Populationen von 1805 Insektenarten, darunter vorwiegend Käfer und Echte Wanzen, in den Jahren zwischen 2008 und 2017 in deutschen Wäldern entwickelten. Dabei zeigte sich, dass größere und häufigere Arten besonders stark rückläufig sind. Während bei Pflanzen fressenden Insekten die Individuenzahl bei etlichen Arten sogar etwas mehr zu- als abnahm, gingen bei allen anderen Ernährungstypen wie Räubern oder Totholz-Zersetzern die Individualzahlen deutlich mehr Arten zurück. »Das wird sehr wahrscheinlich Auswirkungen auf alle Organismen in unseren Wäldern haben, da sich Nahrungsnetze zu verschieben drohen«, sagte Hauptautor Michael Staab von der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke des Fachbereichs Biologie der TU Darmstadt laut einer Mitteilung.

Insekten werden im Wald oft nur als Schädlinge wahrgenommen, wie etwa die Berichterstattung über den Borkenkäfer zeigt. Dabei sind alle Arten für das natürliche Gleichgewicht wichtig. Während Veränderungen in den Populationen potenzieller Schadinsekten gut untersucht sind, ist bislang wenig über den Zustand und die Entwicklung der vielen anderen Insektenarten in Wäldern bekannt. In der aktuellen Studie betrachteten die Forscher schwerpunktmäßig drei Regionen: den Nationalpark Hainich, das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin sowie das Biosphärenreservat Schwäbische Alb. Sie stellten fest, dass der Insektenschwund stärker war in Wäldern mit einem hohen Anteil von Nadelbäumen wie etwa Fichten und Kiefern, die in den Untersuchungsgebieten eher selten natürlicherweise vorkommen. In heimischen Buchenwäldern waren die Verluste dagegen geringer. Weiterhin waren in geschützten Wäldern ohne forstliche Nutzung die Rückgänge weniger stark als in intensiv bewirtschafteten Wäldern.

Das Insektensterben auf landwirtschaftlichen Flächen wird häufig auf Monokulturen, Pestizideinsatz und fehlende Blumenwiesen zurückgeführt. Seit Jahren gibt es zahlreiche Anstrengungen, dieser dramatischen Entwicklung entgegenzuwirken. Im Wald sind die Gründe laut den Studienautoren jedoch noch weitgehend unklar. Sie legen in ihrem Fazit nahe, Wälder gezielter zu bewirtschaften und eine natürlichere Baumartenzusammensetzung sowie einen reduzierten Holzeinschlag zu fördern. Das könne dazu beitragen, das Insektensterben in den Wäldern abzuschwächen.

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