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News: Intelligenter Paketdienst in der Zelle

In einer Zelle herrscht intensiver "Postverkehr": Winzige Membranbläschen transportieren Proteine und andere Substanzen gezielt von einem Ort zum anderen. Doch wie bewältigt es die Zelle, dass diese Pakete zur rechten Zeit das richtige Ziel erreichen? Ein neu entdeckter "Etikettierungsmechanismus" verhindert offenbar, das einmal abgeschickte Pakete wieder zu ihrem Absender zurückkommen können.
Zellen enthalten verschiedene Organellen, von Membranen umschlossene Kompartimente, die jeweils ganz bestimmte Funktionen erfüllen. Dazu enthält jedes Kompartiment ein ihnen eigenes Repertoire an Proteinen. Doch die Proteine werden nur im Cytoplasma hergestellt und müssen von dort zu ihrer jeweiligen Wirkungsstätte transportiert werden.

Welche die Wirkungsstätte sein soll, ist schon in der Erbinformation des Proteins gespeichert. Der Eintritt ins Transportsystem der Zelle erfolgt durch das endoplasmatische Reticulum, wo die Funktionalität der Eiweissstoffe überprüft wird, bevor sie in Membranhohlkugeln – die Vesikel – verpackt werden. Die Größe der Vesikel und die Aufnahme der Proteinfracht kontrollieren spezifische cytoplasmatische Hüllenproteine. Jedes Kompartiment hat seine eigenen Hüllenproteine als "Verpackung", um Vesikel herzustellen. Zudem enthält jedes Vesikel ein Set an Signal-Proteinen, das sicherstellt, dass das Vesikel von der richtigen Zielmembran erkannt wird und schließlich damit verschmilzt.

Im Prinzip kann man sich also den zellulären Transport von Vesikeln wie einen Paketversand per Post vorstellen: Das Cytoplasma stellt ein Produkt – das Protein – her, das als Paket verschickt werden muss. Also bringt man es zum Postamt, dem endoplasmatischen Reticulum. Vom Postamt kommt das Paket mit dem Lastwagen – mit so genannten COPII-Proteinen umhüllten Vesikeln – zur Verteilerstelle, dem Golgi-Apparat. Von dort aus transportieren es dann die Postboten – mit Clathrin umhüllte Vesikel – zu den einzelnen Haushalten, also den verschiedenen membranumhüllten Kompartimenten der Zelle, wie Lysosom oder Endosom, oder aber es wird ins Ausland weitergeleitet, also aus der Zelle hinaus transportiert. Auf dem Rückweg nimmt der Lastwagen vom Verteileramt wieder Pakete mit, die für sein Postamt bestimmt sind oder die beschädigt wurden.

Proteine, die vom endoplasmatischen Reticulum (ER) zum Golgi-Apparat gebracht werden müssen, benutzen COPII als Verpackung der Vesikel, während der Rücktransport vom Golgi zum ER durch COPI-umhüllte Vesikel erfolgt. Die membrangebundenen Transportfaktoren (v-SNAREs), die – wie ein "Adressaufkleber" – die Erkennung der Vesikel am Golgi-Apparat erlauben, werden in COPI-Vesikel wieder zum ER zurückgebracht, und können dann an einen neuen Transportzyklus teilnehmen. Doch die v-SNAREs, die für die Erkennung der COPI-Vesikel mit dem ER gebraucht werden, müssen erst über COPII-Vesikel zum Golgi gebracht werden. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass die unterschiedlich verpackten COPI- und COPII-Vesikel das gleiche Set an "Aufklebern" (SNARE-Proteinen) beinhalten. Die Hüllenproteine müssen die Vesikel verlassen, um die SNAREs zu exponieren und die Interaktion mit ähnlichen, spezifischen Proteinen am Zielkompartiment zu erlauben.

Von daher ergibt sich die Frage, wie die vom ER kommenden, hüllenlosen Vesikel erkennen können, dass sie nun mit dem Golgi-Apparat fusionieren sollen und nicht wieder mit dem ER, da sowohl die vom Golgi als auch die vom ER kommenden Vesikel die gleichen v-SNAREs beinhalten? Oder anders ausgedrückt: Wodurch wird sichergestellt, dass der Transport im ER und Golgi in eine ganz bestimmte Richtung erfolgt? Dieser Frage sind die Wissenschaftler am Friedrich-Miescher Laboratorium der Max-Planck-Gesellschaft am Modellorganismus der Hefe Saccharomyces cerevisiae nachgegangen.

Dabei haben sie eine Mutante identifiziert, bei der vom ER kommenden COPII-Vesikel tatsächlich mit dem ER verschmelzen können. Die Mutante Tip20-8 kann also die Rückfusion von COPII-Vesikeln mit dem ER nicht verhindern. Da Tip20 am ER lokalisiert ist und normalerweise zur Fusion von COPI-Vesikeln mit dem ER benötigt wird, kann man sich folgendes Wirkungsprinzip für dieses Protein vorstellen: Das nicht mutierte Protein Tip20 arbeitet wie der Chip-Leser am Eingang zu einem Geldautomaten: Entspricht der Chip den Vorgaben (ein vom Golgi kommender COPI-Vesikel), kann man zum Geldautomaten (der Vesikel fusioniert mit dem ER). Entspricht der Chip nicht der Definition (ein vom ER kommender COPII-Vesikel), öffnet sich die Tür nicht. Ist der Chipleser allerdings defekt (ein mutiertes Tip20-Protein: Tip20-8), kann natürlich jeder an den Geldautomaten heran (COPI- und COPII-Vesikel können mit dem ER fusionieren).

Diese Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass zusätzlich zu den bereits bekannten, spezifischen Transportfaktoren, die wie ein Adressaufkleber signalisieren, wohin das Vesikel soll, es noch ein weiteres System in der Zelle gibt, dass den Transport von Vesikeln und die Kommunikation in der Zelle steuert. Wie ein Beipack-Zettel enthält er die Botschaft "Nicht zurück zum Absender!". Mit diesem einfachen Trick stellt die Zelle sicher, das der Transport zwischen den nah beieinander liegenden Organellen nur in einer Richtung erfolgen kann, Vesikel nur mit der Ziel- und nicht mit der Absendermembran verschmelzen.

Der gerichtete Transport und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Zellorganellen ist essenziell für das Überleben der Zelle. Die Kenntnis des jetzt entdeckten Mechanismus könnte deshalb einerseits neue Möglichkeiten eröffnen, den vesikulären Transport gezielt zu unterbrechen, zum Beispiel, um das Wachstum von Tumoren zu stoppen. Andererseits spielen Störungen des zellulären Transports bei bestimmten Krankheiten wie Diabetes oder Mukoviszidose eine wichtige Rolle. Inwieweit das am Beispiel der Hefe gewonnene Wissen auch dafür von Bedeutung ist, bleibt weiteren Untersuchungen überlassen.

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