Intelligenz: Fußballprofis sind geistig besonders flexibel

Fußballfans meinen zuweilen, sie hätten es auf dem Rasen selbst weit bringen können – nur der Körper habe nicht mitgemacht, Verletzungspech verhinderte die große Karriere. Der Erfolg auf dem Spielfeld hat allerdings nicht bloß mit körperlichen Fähigkeiten zu tun, wie eine internationale Forschungsgruppe in der Fachzeitschrift »PNAS« berichtet. Das Team um Leonardo Bonetti von der University of Oxford hat Intelligenz und Charakter von Topspielern untersucht und entdeckte ein typisches psychologisches Profil sowie außergewöhnliche kognitive Fähigkeiten.
Mehr als 200 Fußballprofis aus Brasilien und Schweden, ein knappes Zehntel davon Frauen, füllten einen Persönlichkeitsfragebogen aus und absolvierten mehrere kognitive Tests. Die Ergebnisse wurden mit Normwerten sowie mit den Werten von 124 Brasilianerinnen und Brasilianern mit ähnlichem Bildungsniveau und ähnlichem sozialem Hintergrund verglichen.
Die Profis bewiesen unter anderem ein besseres Arbeitsgedächtnis und zeigten überdurchschnittliche Leistungen im Planen und Problemlösen. Aber vor allem im Design Fluency Test, einem Maß für kognitive Flexibilität, lagen die Profis weit über der Norm. Der Test hatte sich bereits in älteren Studien als gutes Indiz für Spielintelligenz erwiesen. Das deute auf überlegene Fähigkeiten in der Situationsanalyse und Strategieentwicklung hin, erklärt die Arbeitsgruppe. »Die Fähigkeit, mehrere Schritte vorauszuplanen, könnte einer der entscheidenden kognitiven Prozesse für den Erfolg in komplexen Ballsportarten wie Fußball sein.«
Im Persönlichkeitstest attestierten sich die Profis zudem ausgeprägte Selbstdisziplin, Energie, emotionale Stabilität, Vorstellungskraft und Aufgeschlossenheit – alles wenig überraschend. Aber eines passte auf den ersten Blick nicht ins Bild zu erfolgreichen Teamsportlern: Sie beschrieben sich als weniger umgänglich und kooperativ. Ein Erklärungsversuch der Fachleute: Umgänglichen Menschen fehle es womöglich am nötigen Durchsetzungsvermögen, um sich im Konkurrenzkampf zu bewähren.
Dass Fußballprofis über besondere kognitive Fähigkeiten verfügen, hatten schon andere Studien zuvor ergeben, allerdings mit kleineren Stichproben oder nicht mit Topspielern, wie die Gruppe um Bonetti schreibt. Außerdem habe man mittels künstlicher Intelligenz in den Testwerten Muster gefunden, anhand derer alle Profis als solche identifiziert werden konnten. Lediglich einzelne Vergleichspersonen ordnete die KI fälschlich der Profigruppe zu. Das sei logisch, finden die Forschenden: In der Allgemeinbevölkerung gebe es sicherlich Menschen, die das passende Profil mitbringen. Doch um Profi zu werden, brauche man sowohl die psychischen als auch die physischen Voraussetzungen – und man muss es zudem noch wollen.
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