Hirnwellen: Im Gleichklang denkt das Gehirn effizienter

Kognitive Kontrolle ermöglicht es uns, Gedanken, Emotionen und Verhalten zu steuern und an aktuelle Anforderungen anzupassen, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Was ist ihre neuronale Basis? Und wie hängt diese mit der allgemeinen Intelligenz zusammen? Was man bereits weiß: Hirnwellen, die in einem Frequenzbereich von vier bis acht Hertz schwingen, so genannte Thetawellen, unterstützen die zielgerichtete Informationsverarbeitung, indem sie die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnregionen koordinieren. Das mittlere Stirnhirn ist hierbei ein wichtiger Knotenpunkt. Forschende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben nun herausgefunden, dass bei Personen mit höherer kognitiver Leistungsfähigkeit die Theta-Hirnwellen mehr im Gleichtakt schwingen und sich flexibler wechselnden Aufgaben anpassen.
Das Team lud insgesamt 148 Freiwillige (96 davon weiblich) im Alter von 18 bis 60 Jahren ein. Die Teilnehmenden absolvierten Tests zu Gedächtnis und Intelligenz, bevor ihre Hirnaktivität mittels Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet wurde. Währenddessen bearbeiteten sie drei anspruchsvolle Aufgaben zur kognitiven Kontrolle. Dabei mussten sie zwischen wechselnden Regeln umschalten, etwa per Tastendruck entscheiden, ob eine Zahl gerade oder ungerade ist, und im nächsten Moment, ob sie größer oder kleiner als fünf ist. Jede Regeländerung erforderte eine rasche Anpassung der mentalen Strategie – ein Prozess, bei dem kognitive Kontrolle gefordert ist.
Das Ergebnis: Bei Menschen mit hoher Intelligenz zeigte sich im EEG eine besonders starke Korrelation der Thetawellen untereinander. Dies galt vor allem beim Treffen einer Entscheidung und nicht etwa dann, wenn die Person einen Hinweis auf die Regeländerung sah und sich mental darauf einstellte. Relevant ist die Theta-Konnektivität also in erster Linie beim Umsetzen von Entscheidungen, nicht in der vorbereitenden Phase, schreiben die Fachleute.
Direkt nach Einsetzen des Reizes brach die Theta-Konnektivität erst einmal zusammen. Sehr intelligente Personen zeichneten sich aber dadurch aus, dass bei ihnen nach 100 Millisekunden die Thetawellen bereits wieder besser zusammenspielten als bei anderen. Entscheidend ist demnach vor allem die Fähigkeit des Gehirns, den Takt flexibel der Situation anzupassen.
Selbst die Erstautorin der Studie, Anna-Lena Schubert, war überrascht, wie stark der Gleichklang der neuronalen Aktivität mit Intelligenz zusammenhängt. »Das hätten wir in dieser Klarheit nicht erwartet«, so Schubert in einer Pressemitteilung. Frühere EEG-Studien zur Intelligenz hatten sich meist auf die Aktivität einzelner Hirnregionen konzentriert. Ihr Zusammenspiel wurde aber selten systematisch untersucht oder in Verbindung mit kognitiver Leistung gebracht. »Unsere Studie liefert jedoch wichtige Grundlagen, um besser zu verstehen, wie Intelligenz auf neuronaler Ebene funktioniert.«
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