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Invasives Wild: Jäger schießen immer mehr Biberratten

Die südamerikanische Biberratte wird seit hundert Jahren in Europa wegen ihres Fells gezüchtet. Dann brachen ein paar Tiere aus, und der Klimawandel kam. Nun haben wir ein neues Jagdwild.
Nutria im Profil

Jäger erlegen in Deutschland immer häufiger Nutrias, die aus Südamerika eingewanderten Biberratten (Myocastor coypus). Rund 88 000 der biberähnlichen Wildtiere, die Bibern sehr ähnlich sehen, seien zwischen April 2019 und April 2020 nachweislich geschossen oder gefangen worden, teilte der Deutsche Jagdverband mit. Das seien rund 40 Prozent mehr erlegte Tiere als im Vorjahr. Rund die Hälfte davon sei in Niedersachsen getötet worden. Vielerorts ist für die Jagd der Nagetiere, die in Deutschland ursprünglich nicht heimisch waren, eine Ausnahmegenehmigung nötig. Naturschützer halten eine Bejagung nur für sinnvoll, wenn sie zum Schutz anderer Arten notwendig erscheint, heißt es zum Beispiel beim NABU in Nordrhein-Westfalen.

Die ursprünglich im tropischen Südamerika heimischen Nutrias – auch Sumpfbiber genannt – haben sich in Deutschland mittlerweile fest etabliert und werden sich nach Ansicht von Experten in ganz Europa weiter ausbreiten. Ursprünglich wurden Nutrias seit den 1920er Jahren wegen ihres Fells in Deutschland in Pelztierfarmen gehalten. Entkommene und ausgesetzte Tier gründeten dann eigene Populationen. Die steigenden Durchschnittstemperaturen im Zuge der Klimakrise schaffen für die Tiere, die sich in tropischem Klima am wohlsten fühlen, europaweit annehmbare Bedingungen. Ein Studie hatte 2020 nahe gelegt, dass sich im Zuge der aktuellen Klimaveränderungen bereits fast 43 Prozent der EU (ausgenommen Zypern) als günstiges Habitat für die Tiere erweisen, in einem Drittel davon leben heute schon Nutrias.

Auf den ersten Blick ähneln Nutrias Bibern, ihre Schwänze sind jedoch rund und nicht abgeflacht. Die rötlich-braunen Nutrias mit runden Öhrchen und langen weißen Barthaaren sehen putzig aus, können über zehn Jahre alt werden – und sich bis zu dreimal im Jahr vermehren. Mit Schwimmhäuten an den Hinterfüßen kommen sie gut im Wasser klar und leben gern in Uferbereichen. Durch ihren Höhlenbau können sie zum Beispiel Deiche und Uferbefestigungen gefährden, und sie fressen auch geschützte Pflanzen etwa aus Röhricht-Biotopen.

Nach NABU-Angaben sind die heutigen Bestandsgrößen in Deutschland nicht erfasst. Laut Jagdverband hat sich die Zahl der Nachweise der Tiere in den Revieren zwischen 2005 und 2016 verdoppelt. Besonders verbreitet ist die Art demnach in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Baden-Württemberg. Selbst in Großstädte wie Berlin sind Tiere eingewandert.

Nach Angaben des Jagdverbands gelten Nutria in Südamerika als Delikatesse. Hier zu Lande ließen sich moderne Wildgerichte damit zubereiten. Auch die Felle würden genutzt.

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