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Umweltchemie: Jahrelange DDT-Diät bekommt Insektenjägern schlecht

Schornsteinsegler

Wenn sowohl die Populationen von Insekten als auch die der Insektenjäger unter den Vögeln zurückgehen – etwa der Schwalben und Segler – dann liegt ein Zusammenhang mit Umweltveränderungen nahe. Nachzuweisen ist das allerdings schwer: Es fehlt fast immer ein genauer und über längere Zeiträume kontinuierlich erhobener Datensatz. Diese Lücke glauben Josph Nocera von der Trent University in Ontario und seine Kollegen nun geschlossen zu haben: Sie haben sich durch zwei Meter Guanoschichten in einem stillgelegten, von Schornsteinseglern (Chaetura pelagica) bewohnten Kaminschlot gegraben und dabei ein einzigartiges Ernährungsprofil der Vögel im letzten halben Jahrhundert aufgenommen. Ihre Erkenntnis: Die Population litt stark unter dem DDT-Einsatz gegen ihre Insektenbeute.

Schornsteinsegler auf dem Nachhauseweg | Schornsteinsegler nisten oft über viele Generationen an einem Ort. Ihre massenhafte Rückkehr in den Heimatkamin in der Dämmerung ist ein eindrucksvolles Schauspiel.

Der von den Forschern ausgesuchte Schornstein des Fleming-Hall-Campus der Queens University im kanadischen Kingston war 1904 gebaut worden. Nachdem das Gebäude nicht mehr benutzt wurde, diente er den örtlichen Schornsteinseglern dann seit etwa Mitte der 1930er Jahre bis 1993 als Wohnstatt: Die Vögel applizierten dabei über Jahrzehnte Schicht um Schicht ihre Stoffwechselendprodukte am Grund des Kamins. In diesem Zeitraum sank die Population der Art in der Region aus nicht genau geklärten Ursachen allerdings um fast 90 Prozent.

Die nun untersuchten Guanoschichten zeigen detailliert auf, was die in der Luft nach Insekten jagenden Vögel in welchen Jahren zu sich genommmen hatten: In den Schichten finden sich jede Menge unverdaute Chitinplatten, die über die Art der Beute Aufschluss geben. Zudem konnte das Alter der jeweiligen Schicht radiochronologisch exakt bestimmt werden, und die Wissenschaftler ermittelten auch die Menge an Pestiziden.

Die Auswertungen belegen, dass von den 1940er bis 1950er Jahren vor Ort immer mehr DDT eingesetzt worden war – was zunächst offenbar vor allem zu einem Einbruch der Käferpopulation geführt hat: Die Segler ernährten sich zu immer größeren Teilen von Wanzen und deren Verwandten, die sich weniger anfällig gegenüber dem Insektizid zeigten. Das blieb nicht ohne Folgen für die Segler, für die Wanzen eine weniger energiereiche Nahrung als Käfer darstellen: Ihre Zahl schrumpfte ebenfalls.

Schornsteinsegler am Nistplatz | Schornsteinsegler (Chaetura pelagica) nisten in Kaminen (das fotografierte Exemplar hier zeigt allerdings nicht den in der Studie ausgehobenen Schlot des Fleming-Hall-Campus). Die Segler klammern sich dabei mit ihren Fußkrallen an das senkrechte Mauerwerk und stützen sich mit ihren beiden kurzen, aber prominenten Schwanzstacheln ab. Richtig wohl fühlen sie sich – wie alle Segler – nur in der Luft, in der sie den Großteil ihres Lebens verbringen.

Auch nach dem Verbot von DDT in den 1970er Jahren blieb das Gift noch lange in der Umwelt, wie die Analysen zeigen – immerhin aber normalisierte sich das Verhältnis von Wanzen zu Käfern im Beuteprofil. Die Schornsteinsegler konnten von der für sie wieder besseren Energiebilanz des Nahrungsangebots aber nicht mehr profitieren: Seit 1968 sinkt ihre Zahl in Kanada immer weiter, wie unabhängige Populationsstudien belegen. Womöglich war die Zahl der Tiere schon unter einen Schwellenwert gesunken, spekulieren die Wissenschaftler, und Klimaveränderungen sowie ein zunehmender Verlust an passenden Habitaten in der rasant veränderten Industrielandschaft taten offenbar ein Übriges.

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