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News: Je kälter, desto blauer

Blau empfinden wir als kalte Farbe, rot als warme - warum soll es da einem Supraleiter anders ergehen? Forscher stellten nun fest, dass Hochtemperatur-Supraleiter bei tiefen Temperaturen, unterhalb ihrer Übergangstemperatur vor allem blaues Licht reflektieren und damit signalisieren, dass sie Strom widerstandslos transportieren.
Seit mehr als neunzig Jahren sind supraleitende Materialien bekannt, die unterhalb einer bestimmten Temperatur, nahe des absoluten Nullpunkts, ihren elektrischen Widerstand verlieren. Vor nicht ganz so langer Zeit, Mitte der achtziger Jahre, entdeckten Wissenschafter dann Verbindungen, die auch noch bei deutlich höheren Temperaturen supraleitend sind – die so genannten Hochtemperatur-Supraleiter. Doch während sich das Phänomen bei den altbekannten Materialien theoretisch gut erklären lässt, kann davon bei den neuen Verbindungen bis heute nicht die Rede sein.

Auch Dirk van der Marel von der University of Groningen und seine Kollegen versuchen dem Geheimnis dieser Materialien ein Stückchen näher zu kommen und untersuchten das reflektierte Spektrum von Licht, das auf eine Probe einer Verbindung der Elemente Bismuth, Strontium, Calcium, Kupfer und Sauerstoff traf. Das Material, das auch unter dem Namen Bi-2212 bekannt ist, leitet unterhalb von 88 Kelvin widerstandsfrei den elektrischen Strom. Van der Marel und sein Team prüften deshalb die Reflexivität oberhalb und unterhalb dieser Temperatur.

Dabei stellten sie fest, dass die Verbindung unterhalb ihrer Sprungtemperatur, also in ihrem supraleitenden Zustand, weniger langwelliges, infrarotes Licht reflektiert – das Spektrum also zu kurzen Wellenlängen, ins Blaue verschoben ist. Offenbar absorbiert die supraleitende Probe mehr infrarotes Licht. Die Energie der absorbierten Photonen entspricht dabei der Bindungsenergie von Elektronenpaaren, den Ladungsträgern im Supraleiter. Denn anders als in normalen elektrischen Leitern, schließen sich in Supraleitern je zwei Elektronen zu so genannten Cooper-Paaren zusammen, die sich dann widerstandsfrei durch das Material bewegen können.

In normalen Supraleitern ziehen die Elektronen die zur Paarung benötigte Energie aus den Gitterschwingungen des Materials. Die so genannten BCS-Theorie nach John Bardeen, John Robert Schrieffer und Leon Cooper beschreibt dieses Phänomen. Zumindest im Fall von Bi-2212 scheint nun aber die nötige Energie von den Photonen der infraroten Strahlung zu stammen, was auf einen etwas anderen Mechanismus hindeutet. Unklar ist bislang jedoch, inwieweit auch bei anderen Hochtemperatur-Supraleitern eine Verschiebung des reflektierten Spektrums auftritt. Hier stehen van der Marel und seine Mitarbeit noch am Anfang ihrer Arbeit. Weitere Messungen an anderen Verbindungen müssen folgen, aber vielleicht gelingt so tatsächlich dem Puzzle Hochtemperatur-Supraleitung ein weiteres Stück hinzufügen.

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