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News: Je mehr, desto besser

Mit Kohlendioxid heizen wir nach und nach unserem Planeten ein. Pflanzen könnten hier ein wenig Abhilfe schaffen - benötigen sie doch das Treibhausgas für ihre Photosynthese. Aber welche Pflanzengemeinschaften sind dafür geeignet? Ein umfangreiches Feldexperiment offenbarte jetzt: Es sind die artenreichen Gemeinschaften, die am besten mit steigenden Kohlendioxid- und Stickstoffgehalten fertig werden, unsere artenarmen 'Agrarwüsten' eignen sich dafür nur bedingt.
Seit der Industrialisierung verändert der Mensch zunehmend sein Zuhause: In kürzester Zeit verfeuert er die in Jahrmillionen angelegten Kohlenstoffvorräte der Erde und heizt damit den Planeten auf. Stickstoff aus Düngemittel und Industrieabgasen belasten Böden und Wasser. Zusätzlich vernichtet er natürliche Ökosysteme, um seinen Hunger nach Bau- und Agrarland zu befriedigen.

Kohlendioxid (CO2) wirkt einerseits als schädliches Treibhausgas, andererseits benötigen es die Pflanzen für ihre Photosynthese. Die Pflanzengesellschaften der Erde sollten daher als natürlicher CO2-Puffer fungieren können. Auch überschüssiger Stickstoff – ein wichtiger Wachstumsfaktor der Pflanzen – sollte durch sie eliminiert werden. Doch wie sieht eine Pflanzengesellschaft aus, die diese "Umweltschutzaufgaben" optimal erfüllt?

Um dies herauszufinden, starteten 1997 amerikanische Wissenschaftler das Feldexperiment BioCON (biodiversity, CO2, N). Auf der Cedar Creek Natural History Area der University of Minnesota standen ihnen sechs Versuchsflächen mit jeweils 20 Metern Durchmesser zur Verfügung. Die Flächen unterteilten sie in verschiedene Felder und bepflanzten diese mit einer, vier, neun oder 16 Gras- und Kräuterarten. Während die Hälfte der Flächen Luft mit normaler CO2-Konzentration (368 ppm) ausgesetzt waren, wurde die andere Hälfte mit CO2-reicher Luft (560 ppm) begast. Zusätzlich düngten die Forscher einen Teil der Pflanzen mit Stickstoff.

Jeweils zweimal in den Jahren 1998 und 1999 maßen die Wissenschaftler die Biomasse ihrer Schützlinge. Erwartungsgemäß stieg die Biomasse in den mit CO2 und Stickstoff gedüngten Feldern an. Diese Zunahme hing jedoch stark von der Anzahl der Arten ab: Während eine einsame Art seine Biomasse unter erhöhten CO2-Bedingungen nur um sieben Prozent steigern konnte, schafften es die 16 Arten unter gleichen Bedingungen auf 22 Prozent. Bei gleichzeitiger Stickstoffdüngung nahm ihre Biomasse sogar um 36 Prozent zu, während die artenarme Gemeinschaft dann nur einen Zuwachs von 17 Prozent verzeichnen konnte.

Der Leiter des Experiments, Peter Reich, erklärt das größere Potential zur Elimierung von CO2 und Stickstoff der artenreicheren Gemeinschaften mit ihrer höheren Flexibilität: Je mehr Arten die Gemeinschaft zur Verfügung hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine darunter ist, die besonders gut auf die Düngung anspricht. Die verschiedenen Gräser verfügen über unterschiedlich ausgeprägte Wurzelsysteme, die zusammen den Boden effektiver nutzen können. Außerdem wachsen in den artenreichen Gemeinschaften Leguminosen mit stickstofffixierenden Bakterien, die den Luftstickstoff für andere Pflanzen verfügbar machen.

Die Ergebnisse haben laut Reich weitreichende Konsequenzen. Die zunehmende Verarmung unserer Ökosysteme schwächt den globalen CO2-Puffer. "Wir müssen die Nachteile der abnehmenden Diversität berücksichtigen, wenn wir unsere Landschaften gestalten", betont der Wissenschaftler. Und sein Kollege George Hendrey ergänzt: "Ein weltweiter Schutz der Biodiversität wird die Kapazität der Ökosysteme erhalten, größere Mengen von Kohlen- und Stickstoff aufzunehmen, die durch industrielle Prozesse zusätzlich in unsere Umwelt gelangen."

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