Direkt zum Inhalt

News: Je mehr Riffe, umso größer die Artenvielfalt

Korallenriffe sind Inbegriff für Artenvielfalt. Allerdings sind nicht alle Riffe so bunt und lebhaft wie das Great Barrier Reef vor Australien. Im Osten des Pazifik ist die Bidoviersität viel geringer. Der Grund dafür liegt weder in geografischer Breite noch Temperatur. Vielmehr ist die Größe des Lebensraumes für den evolutionären Fortschritt verantwortlich.
Nirgendwo gibt es in den Meeren eine derartig vielfältige Lebewelt wie in den Riffen. Bis zu neun Millionen Arten, so schätzen einige Forscher, leben in diesen flachen Bereichen, wo Korallen in geologischen Zeiträumen riesige Kalklager bildeten – Wohnstatt für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Allerdings ist diese Biodiversität nicht überall gleich groß, denn im australischen Great Barrier Reef finden sich beispielsweise mehr als zehnmal so viele Arten wie in den Riffen vor den Galapagos-Inseln, Panama oder Hawaii.

Viele Forscher haben schon nach den Gründen für diese unterschiedliche Artenvielfalt gesucht und stießen dabei auf Abhängigkeiten von der Temperatur oder auch der Entfernung vom Äquator. Jetzt haben sich David Bellwood und Terry Hughes von der James Cook University im australischen Townsville so ziemlich alle Riffe des indo-pazifischen Raums vorgenommen und deren Artenvielfalt statistisch ausgewertet. Dazu zählten sie nicht alle hier lebenden Arten, sondern die der 13 artenreichsten Fisch- und Korallen-Familien in 113 Riffgemeinschaften. Und dabei fielen ihnen zwei überraschende Muster ins Auge.

Zum einen sind die relativen Anteile der Fisch- und Korallenarten – außer in den artenärmsten Riffen – überall sehr ähnlich, also unabhängig von der gesamten Biodiversität. Das bedeutet, dass sich in den meisten Riffen die globale Verteilung der Riff-bewohnenden Arten widerspiegelt. Die individuellen ökologischen Randbedingungen einzelner Riffe spielen bei der Artenverteilung deshalb also wohl nur eine untergeordnete Rolle.

Zum anderen sind die Lebensbedingungen im Umkreis von 600 Kilometern wichtigster Faktor für die Artenvielfalt eines Riffs. Die geografische Länge sagt hingegen wenig und die Breite gar kaum etwas über die Biodiversität aus. Dies steht im Widerspruch zu früheren Untersuchungen und ist deshalb merkwürdig, weil die früher erwiesene Temperaturabhängigkeit stark mit der geografischen Breite korreliert.

Die lokalen Lebensbedingungen und die daraus erwachsende Artenvielfalt steht im Einklang mit Metapopulations-Modellen, Netzwerken aus verschiedenen lokalen Populationen also, die durch den Austausch von Individuen miteinander verbunden sind. Frühere Forschungen im Pazifik hatten bereits gezeigt, dass der Nachwuchs von Fischen und Korallen sowohl lokale als auch ferne Eltern hat.

Daraus lässt sich auch ableiten, warum die Riffe des Indo-Australischen Archipel artenreicher sind als die im östlichen Pazifik, schließlich gibt es in den zentralen Bereichen des Indo-Pazifik viel mehr Flachwasserregionen und dementsprechend unzählige große und kleine Riffe. Und in derlei Habitaten können sich langfristig viel mehr Arten ausbilden, schließlich bedeuten mehr Fische oder Korallen mehr Nachwuchs und deshalb auch ein Mehr an genetischer Diversität.

Somit zeigen die Erkenntnisse der australischen Forscher auch, dass es vor allem die artenärmeren Riffe sind, die von Überfischung, Verschmutzungen oder Klimaveränderungen und infolgedessen ansteigendem Meeresspiegel bedroht sind. Sie können weniger schnell auf Umweltveränderungen reagieren oder bedrohte Arten ersetzen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Science 292: 1532–1535 (2001)

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.