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Deutschland-Barometer Depression : Jugendliche suchen bei psychischen Fragen Rat bei KI und Social Media

Ärzte, Krankenkassen, ChatGPT? Das Deutschland-Barometer Depression zeigt, wo sich die Deutschen über psychische Erkrankungen informieren. Dabei offenbaren sich deutliche Unterschiede zwischen Jung und Alt.
Eine Person sitzt nachdenklich an einem Fenster und hält ein Smartphone in der Hand. Die Reflexion der Person ist im Glas sichtbar. Die Szene vermittelt einen ruhigen, nachdenklichen Moment.
Neben Suchmaschinen sind auch KI-Chatbots häufig genutzte Quellen für 16- und 17-Jährige, wenn es um Depression und seelische Gesundheit geht.

Viele Jugendliche in Deutschland suchen bei Fragen zur psychischen Gesundheit nicht nur Rat bei Google sowie Freunden und Bekannten, sondern auch bei KI-Programmen wie ChatGPT und in sozialen Medien. Damit unterscheiden sie sich von Erwachsenen, wie aktuelle Daten des Deutschland-Barometers Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention zeigen. Für die diesjährige Ausgabe des Barometers waren 5196 Personen zwischen 18 und 69 Jahren zu ihren Ansichten und Einstellungen zu Depression befragt worden. Eine zusätzliche Erhebung erfolgte mit 103 Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren.

Die meisten Befragten nennen Suchmaschinen als Informationsquelle zu Fragen der seelischen Gesundheit. Mehr als 70 Prozent der Menschen in Deutschland nutzen diese oder würden sie nutzen, um sich entsprechend zu informieren. Bei Erwachsenen folgen Fachleute wie Ärzte oder Psychologen mit 48 Prozent sowie Krankenkassen-Webseiten mit 42 Prozent. Jugendliche hingegen wenden sich mit je 46 Prozent an Freunde und Bekannte oder KI-Chatbots wie ChatGPT. Auch soziale Medien wie Instagram, Facebook oder TikTok sind eine wichtige Anlaufstelle für sie: 39 Prozent suchen dort nach entsprechenden Informationen.

Geht es konkret um Depression, ergibt sich ein ähnliches Bild: Jeder fünfte 16- oder 17-Jährige hat bereits in sozialen Medien nach Auskünften über die Erkrankung gesucht – und fast ebenso viele befragten eine KI dazu; bei den Erwachsenen gaben das 13 Prozent (KI) und 12 Prozent (soziale Medien) zu Protokoll.

Was Betroffene in Social Media suchen

Was hoffen selbst Betroffene – Menschen mit einer tatsächlich diagnostizierten Depression – in sozialen Medien zu finden? Die meisten suchen dort sachliche Informationen, zum Beispiel zu Ursachen und Behandlung (80 Prozent), sowie konkrete Ratschläge zum Umgang mit der Erkrankung (77 Prozent). Viele finden es jedoch schwer, zu beurteilen, ob Informationen vertrauenswürdig sind und ob sich zum Beispiel kommerzielle Interessen dahinter verbergen (je 65 Prozent).

Nach Ansicht von Fachleuten bieten Social Media und KI-Hilfen zwar mehr Informationsmöglichkeiten, bergen aber auch mehr Gefahren. So gab jede zweite depressive Person, die sich nach dem Konsum sozialer Medien schlechter fühlte, an, dass die Berichte anderer Nutzer sie »runtergezogen« hätten. Jede vierte litt zudem unter den Erfolgsgeschichten anderer.

Experten warnen insbesondere vor Social-Media-Inhalten, die sich mit Suizid befassen. 26 Prozent der Befragten, die selbst an einer Depression leiden, haben online bereits Inhalte anderer Nutzer zugespielt bekommen, die lebensmüde Gedanken enthielten; 15 Prozent kamen gar mit Ankündigungen oder Versuchen von Suizid in Berührung.

»Dass so viele depressiv Erkrankte auf Social Media bereits mit konkreten suizidalen Handlungen konfrontiert wurden, ist bedenklich«, sagt Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. »Bei solchen Posts besteht immer die Gefahr von Nachahmungseffekten – vor allem, wenn Nutzer sich mit der Person auf Social Media identifizieren.«

Wege aus der Not

Denken Sie manchmal daran, sich das Leben zu nehmen? Erscheint Ihnen das Leben sinnlos oder Ihre Situation ausweglos? Haben Sie keine Hoffnung mehr? Dann wenden Sie sich bitte an Anlaufstellen, die Menschen in Krisensituationen helfen können: an den Hausarzt, niedergelassene Psychotherapeuten oder Psychiater oder die Notdienste von Kliniken. Kontakte vermittelt der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116117.

Die Telefonseelsorge berät rund um die Uhr, anonym und kostenfrei: per Telefon unter den bundesweit gültigen Nummern 0800 1110111 und 0800 1110222 sowie per E-Mail und im Chat auf der Seite www.telefonseelsorge.de. Kinder und Jugendliche finden auch Hilfe unter der Nummer 0800 1110333 und können sich auf der Seite www.u25-deutschland.de per E-Mail von einem Peer beraten lassen.

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