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Mars-Missionen: Kältetod des Phoenix

Trotz allerletzter Energiesparmaßnahmen ging dem Marslander Phoenix endgültig der Strom aus. Die lange, dunkle Polarnacht des winterlichen Roten Planeten beendet damit eine über die Erwartungen verlängerte Mission - ihr eigentlicher Erfolg bleibt indes noch schwer abschätzbar.
Phoenix: Die Sonne geht unter
Das unausweichliche Ende von Phoenix war erwartet worden: Nur sieben Stunden pro Marstag funzelte die schräg stehende Sonne zuletzt ein wenig trübes Zwielicht auf die Sonnenkollektoren des Marslanders. Demzufolge war es nur eine Frage der Zeit, bis seine Batterien nicht mehr ausreichend geladen werden konnten. Am 2. November 2008 reichte Phoenix' Kraft letztmals dafür aus, ein wahrnehmbares Signal zu senden – seitdem ist Stille im Äther.

360-Grad-Farbpanorama der US-Raumsonde Phoenix | Das erste Vollpanorama des Landeplatzes von Phoenix veröffentlichte die NASA am 31. Juli 2008.
Kein Grund zur Trauer, finden die NASA-Verantwortlichen: Nach fünf Monaten hatte die Mission ihr avisiertes Mindesthaltbarkeitsdatum von drei Monaten ohnehin längst überschritten, und so geht mit Phoenix ein verdienter Marssonden-Greis in Ruhestand. In den kommenden Monaten wird er während des nördlichen Marswinters von der wachsenden Polarkappe begraben werden.

Die NASA-Projektverantwortlichen um Barry Goldstein beschreiben die nun beendete Phoenix-Mission als "sehr gelungen" und verbuchen dabei schon die "extrem herausfordernde" Landung am 25. Mai 2008 als großen Erfolg. Danach konnten dann an 149 von 152 Marstagen wissenschaftliche Experimente stattfinden, in denen Phoenix den Marsboden nicht nur fotografierte, sondern auch aushob, herumschaufelte, siebte, rüttelte, verdampfte und intensiv beschnüffelte, um durch direkte chemische Analysen mehr über die Beschaffenheit und geologische Vergangenheit der roten Planetenoberfläche zu erfahren.

Die Ergebnisse wurden recht lautstark gefeiert, etwa der endgültig gelieferte Nachweis, dass Wassereis oberflächennah im Marsboden ruht – eine Erkenntnis, die übrigens ebenso lautstark schon vor Jahren bejubelt worden war, als irdische Späher das Eis aus dem Orbit nachgewiesen haben wollten.

Bei direkter Bodenberührung konnten die im Marsboden enthaltenen Stoffe immerhin mittels des Phoenix-Massenspektrometers direkt untersucht werden – und dies deutlich umfassender, als es den Viking-Missionen der 1970er Jahre möglich gewesen war. Neben Wasserdampf stieß Phoenix auf fest in Mineralen gebundenes Kristallwasser und Kohlendioxid. Es gelang der Nachweis von Tonmineralen und Kalkspat, die sich nur unter Einwirkung flüssigen Wassers bilden. Verschiedene Salze deuten Forscher zudem als Verdunstungsspuren des demnach wohl tatsächlich ehemals auf dem Mars sprudelnden Wassers.

Die einfache Gleichung "Wasser = Leben", die an intensiver Marsforschung interessierte Kreise seit geraumer Zeit im Vorbeigehen gerne fallen lassen, dürfte allerdings gerade auf der Art von Boden, die Phoenix untersucht hat, nicht aufgehen. Wie schon die Viking-Sonden fand Phoenix die Marsproben völlig frei von jeglichen organischen Molekülen. Das Fehlen solcher Kohlenstoffverbindungen macht es sehr unwahrscheinlich, dass auf dem einst wärmeren und feuchteren Mars biologische Spuren existiert haben.

Phoenix fand im Marsboden zudem giftiges Perchlorat-Salz, in dessen Gegenwart organische Moleküle schnell zerlegt würden. Dass dieses Gift selbst am Nordpol zu finden ist, bereitet auch optimistischen Lebensspurensuchern Kopfschmerzen.

Eines der letzten Bilder der Marssonde Phoenix | Am 21. Oktober 2008 übermittelte die Marssonde Phoenix diese Detailaufnahme eines mit dem Robotergreifarm ausgehobenen Grabens. Der helle Fleck in der Bildmitte ist ein Stück Wassereis.
Ohnehin klappte bei Phoenix durchaus nicht alles wie am Schnürchen: Viele der geplanten Experimente konnten – oft aus technischen Gründen – entweder gar nicht oder nicht wie gedacht durchgeführt werden und erforderten gelegentlich einfallsreiche Eingriffe von der irdischen Missionsleitung. So wollten beim Vorzeigeexperiment, der Bodenanalyse, die überraschend klumpigen Marsproben anfangs nicht in die Einlassöffnungen der Analysegeräte rieseln. Manche anderen Instrumente gelangten bis zuletzt wohl überhaupt nicht zum erfolgreichen Einsatz, etwa das Mikrofon, mit dem die Geräuschkulisse in der dünnen Marsatmosphäre aufgezeichnet werden sollte.

Fürs Auge bot die Sonde zwar weniger als die beiden unermüdlich seit Jahren rollenden Rover Spirit und Opportunity – immerhin aber finden sich unter den rund 25 000 Bildern von Phoenix' Landeplatz detailreiche Mikroskopaufnahmen ebenso wie schöne Panoramafotos. Auch die ersten herbstlichen Schneewolken konnte Phoenix am Marsnordpol mit seinen Messfühlern analysieren – schade, dass seine Energie nicht mehr ausreichte, um tatsächlich auch Bilder des ersten Schnees in seiner Umgebung zu knipsen.

Das Marsfrühjahr, so die NASA-Verantwortlichen realistisch, wird der Lander mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht funktionsfähig erleben – die winterlichen Tiefsttemperaturen von vielleicht minus 120 Grad Celsius dürften Solarpaneele und Platinenschaltkreise wohl zerbröckeln. Die wissenschaftliche Arbeit auf der Erde wird dann noch lange nicht vorbei sein – die übermittelten Bilder und Messdaten werden die Forscher über mehrere Jahre hinweg beschäftigen und auch noch ausgewertet werden, wenn 2009 die nächste NASA-Sonde, das "Mars Science Laboratory", gen Roten Planeten startet.

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