Direkt zum Inhalt

Kaffee gegen Depressionen: Mit Milch, ohne Zucker

Kaffeetrinker werden seltener depressiv. Allerdings kommt es auf Dosis und Zubereitung an. Und nicht jedem tut starker Kaffeekonsum gut: Koffein kann Panikattacken auslösen.
Nahaufnahme einer Frau, die eine Tasse Kaffee mit Milchschaum schlürft
Genuss und Antidepressivum zugleich: So schön kann nur Kaffee sein. (Symbolbild)

Dass Koffein antidepressiv wirkt, haben bereits zahlreiche Studien belegt. Meist wurde dabei aber nicht nach Zubereitungsart unterschieden. Eine chinesische Forschungsgruppe hat das nun getan. Sie wertete Daten von mehr als 145 000 Erwachsenen aus England, Schottland und Wales aus, die über einen Zeitraum von zehn Jahren wiederholt für die UK Biobank befragt wurden, eine große medizinische Datenbank im Vereinigten Königreich.

Knapp 20 Prozent gaben an, keinen Kaffee zu trinken, rund 70 Prozent nannten eine bis drei Tassen und die übrigen 10 Prozent kamen auf mehr als drei Tassen täglich. Depressionen und Ängste traten am seltensten bei denen auf, die pro Tag zwei bis drei Tassen tranken. Das galt vor allem für gemahlenen und ungesüßten schwarzen Kaffee sowie für Kaffee mit Milch – weniger bei Instant- oder koffeinfreiem Kaffee sowie bei Zugabe von Zucker oder künstlichen Süßstoffen.

Die optimale Kaffeemenge könnte sogar noch höher liegen. Darauf lassen zum Beispiel Angaben von rund 14 000 Erwachsenen in Spanien schließen. Zu Beginn der Studie – im Schnitt waren sie da Mitte 30 – hatten sie nicht unter Depressionen gelitten. Das Risiko, in den folgenden zehn Jahren eine Depression zu entwickeln, lag bei denen, die mindestens vier Tassen Kaffee am Tag tranken, um die Hälfte niedriger. In anderen Studien fielen die Effekte allerdings weniger deutlich aus. Laut einer Metaanalyse von 2023 mit Daten von mehreren hunderttausend Menschen senkte starker Kaffeekonsum das Risiko, später unter Depressionen zu leiden, um rund zehn Prozent.

Auch wenn diese Befunde aus Längsschnittstudien stammen, erlaubt die Art der Datenerhebung eigentlich keine Rückschlüsse auf Ursache und Wirkung. Es wäre denkbar, dass andere Beschwerden, die mit Depressionen zusammenhängen, den Konsum einschränken, wie chronische Erkrankungen des Darms oder Magens.

Was jedoch einen kausalen Zusammenhang nahelegt, ist die Dosis-Wirkungs-Beziehung, die einige Studien nachweisen konnten: Mit jeder Tasse Kaffee mehr am Tag sinkt auch das Depressionsrisiko; in der genannten Metaanalyse zum Beispiel um vier Prozent pro Viertelliter, in anderen sogar mehr. Natürlich nur innerhalb bestimmter Grenzen: Eine Koffeinvergiftung kann tödlich enden.

Die antidepressive Wirkung von Kaffee lässt sich überdies biologisch gut erklären. Koffein stimuliert das zentrale Nervensystem, es fördert die Dopaminübertragung und blockiert Adenosinrezeptoren im Gehirn, und das bedeutet: Es aktiviert und hebt die Stimmung. Weitere, vor allem antientzündliche Substanzen im Kaffee können zusätzlich zum antidepressiven Effekt beitragen.

Für das verminderte Angstrisiko von Kaffeetrinkern gibt es jedoch eine andere, zunächst paradox anmutende Erklärung: Koffein kann Panikattacken auslösen. Menschen, die dazu neigen, sind sich dessen oft bewusst und trinken eher weniger Kaffee. In ihrem Fall mindert also nicht der Kaffeekonsum die Angst, sondern die Angst den Kaffeekonsum.

Experimente bestätigen die Panik auslösende Wirkung. Schwedische Forschende von der Universität in Uppsala verglichen den Effekt von Koffein mit dem eines Placebos: Rund jede zweite Versuchsperson, die unter einer Panikstörung litt, reagierte auf das Koffein mit einer Panikattacke, keine einzige dagegen auf das Placebo. Im Mittel brauchte es ungefähr fünf Tassen Kaffee, um Panik auszulösen. Unter den gesunden Kontrollpersonen bekamen knapp zwei Prozent eine Angstattacke. Koffein beschleunigt den Herzschlag, was zu Panikattacken beitragen kann.

Dennoch könnte Kaffee jenen Ängsten vorbeugen, die sich nicht in Panikattacken äußern, etwa solchen, die im Rahmen von Depressionen oder Zwangsstörungen auftreten. Bei Ängsten Kaffee trinken – dieser Rat der chinesischen Forschungsgruppe ist allerdings mit Vorsicht zu genießen: Die Selbstmedikation mit Koffein kann nach hinten losgehen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.