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News: Kalligraphie in der Nanowelt

1959 fragte sich der Physiker Richard Feynman noch, ob Wissenschaftler es eines Tages schaffen würden, eine ganze Enzyklopädie auf den Kopf einer Stecknadel zu schreiben. Vierzig Jahre lang stand die Herausforderung im Raum. Doch allem Anschein nach sind Forscher auf dem besten Wege, die Aufgabe bald zu meistern. Es ist ihnen gelungen, mit verschiedenen 'Tinten' auf einer Fläche zu schreiben, die sogar nur ein Tausendstel eines Stecknadelkopfes betrug.
Um Strukturen oder Zeichen von wenigen Nanometern Größe auf Oberflächen zu bringen, arbeiten Wissenschaftler vorwiegend mit Elektronenstrahllithographie oder dem winzigen griffelartigen Arm eines Kraftmikroskops. Diese Techniken können allerdings die Oberfläche beschädigen oder molekulare Verunreinigungen hinterlassen, was es sehr schwierig macht, weitere, unverfälschte Schichten aufzubringen, wie es zum Beispiel für den Einsatz bei elektronischen Bauteilen nötig wäre.

Ein Forschungsteam um Chad Mirkin von der Northwestern University in Evanston entwickelte daher die "dip-pen nanolithography", die sie im Januar 1999 vorstellten. Sie konstruierten einen winzigen Stift aus Siliciumnitrid, der wie eine Tuschefeder in Tinte getaucht wird. Ein dünner Wasserfilm überträgt dann die angetrocknete Tinte bei Kontakt auf die Oberfläche. Mit dem Kraftmikroskop steuerten sie die Spitze und konnten so verschiedene Zeichen und auch Buchstaben schreiben, die gerade einmal fünf Nanometer groß waren (Science vom 15. Oktober 1999).

Bei elektronischen Bauteilen müssen jedoch verschiedene organische, leitfähige Substanzen, Isolatoren und Halbleiter aufgebracht werden. Daher beschäftigten sich die Forscher damit, wie eine zweite Tintenschicht aufgetragen werden könnte. Zunächst tauchten sie die Schreibspitze in 16-Mercaptohexadecansäure, ein organisches Molekül, das an einem Ende eine wasserliebende Carboxylgruppe trägt. Mit dieser Tinte setzten sie in einem Abstand von siebzig Nanometern parallele Linien.

Im nächsten Durchgang zogen die Wissenschaftler mit einer Tinte aus 1-Octadecanthiol, das anstelle der Carboxylgruppe eine wasserabweisende Methylgruppe am Ende trägt, genau parallel zu den ersten Linien weitere Striche. Zur Kontrolle ließen sie zum Abschluß eine nicht getauchte Spitze über das "Gemälde" fahren und nahmen die Oberflächenstruktur auf, aus der sie ein Bild von ihrem Werk erstellen konnten.

Clifford Kubiak von der University of California in San Diego sieht in der Methode einen großen Fortschritt für die Nanotechnologie. Er erhofft sich davon, daß damit in Zukunft zahllose elektronische Bauteile in hohen Produktionsraten hergestellt werden können.

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