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News: Kampf um die Vaterschaft bei Taufliegen

Biologisch gesehen ist das wichtigste Interesse eines Männchens, möglichst viele Nachkommen zu zeugen und möglichst viele andere Männchen genau daran zu hindern. Taufliegen haben dafür zwei Mechanismen entwickelt: Sie lassen Samenzellen der Konkurrenten verschwinden, und machen die verbleibenden auch noch funktionsuntüchtig.
Weibliche Taufliegen paaren sich wie viele andere Insekten mehrmals, und bewahren die Spermazellen der verschiedenen Partner bis zur eigentlichen Befruchtung in drei speziellen Organen auf – einer langen Röhre, dem Samen-Rezeptakulum, und zwei pilzförmigen Taschen, den Spermathecien. Die Chance, Vater zu werden, ist für die kopulierenden Männchen aber nicht gleich verteilt, sondern der letzte Samenspender produziert auch die meisten Nachkommen.

Catherine Price und Jerry Coyne von der University of Chicago untersuchten, mit welchen Mechanismen die Männchen die Spermazellen ihrer Nebenbuhler außer Gefecht setzen. "Die Tiere konkurrieren nicht nur darum, sich mit einem Weibchen zu paaren, sondern auch ihre Spermien wetteifern um die Befruchtung der Eier, wenn sie erst einmal im Körper des Weibchens sind", sagt Price.

Die Wissenschaftler markierten die Spermazellen der Taufliegen mit Grünem Fluoreszenzprotein (GFP), um die Zellen verschiedener Männchen unterscheiden zu können. Daraufhin paarten sie die Weibchen zunächst mit Männchen, die markierte Spermien hatten, und danach mit Männchen ohne fluoreszierende Samenzellen. Die Zahl der fluoreszierenden Spermien im Rezeptakulum war deutlich geringer, wenn es zu einer zweiten Begattung kam, als wenn sich das Weibchen kein zweites Mal paarte (Nature vom 29. Juli 1999)

"Das Sperma des ersten Männchens scheint regelrecht entfernt worden zu sein, aber wohin es gebracht wurde, ist ein Rätsel geblieben", berichtet Coyne. Die Zellen verschwanden kurz nach der Paarung, aber nur, wenn das zweite Männchen lebensfähige Spermien hatte. Samenflüssigkeit allein konnte die Spermazellen des Vorgängers dagegen nicht vertreiben.

Coyne und Price stellten außerdem fest, daß bei einer zweiten Paarung auch weniger Spermazellen des ersten Männchens erfolgreich Eier befruchten konnten. Denselben Effekt beobachteten die Forscher, wenn das zweite Männchen nur Samenflüssigkeit abgab. "Wenn sich die Spermien in den Speicherorganen des Weibchens befinden, verändern sie sich in irgendeiner Form, die sie anfälliger für Schäden macht, die durch irgendetwas in der Samenflüssigkeit des zweiten Männchens hervorgerufen wird", erklärt Coyne. Diese "Spermien-Untauglichkeit" verstärkte sich, je mehr Zeit zwischen den beiden Begattungen verging. Bei zwei Tagen Differenz verringerte sich die Anzahl der Nachkommen des ersten Männchens vor allem aufgrund der abnehmenden Spermienzahl im Samen-Rezeptakulum. Bei einer längeren Zeitspanne wirkt sich zusätzlich noch die "Spermien-Untauglichkeit" auf die Zahl der befruchteten Eier je Männchen aus.

Die Möglichkeit, daß alle Spermien des ersten Männchens bereits aufgebraucht wurden, konnten die Wissenschaftler ausschließen. "Nach sieben Tagen waren genau soviele Spermazellen vorhanden wie wir erwartet haben", sagt Coyne. Auch genetische Unterschiede zwischen den verschiedenen Spermien können nicht die Ursache sein, da aus früheren Untersuchungen bekannt ist, daß eine Taufliege ihre eigenen Samenzellen bei einer zweiten Paarung verdrängen kann.

Der evolutionäre Hintergrund für die Vorherrschaft der Spermien des zweiten Männchens sind unklar, zumal sich die Fortpflanzungsinteressen von Weibchen und Männchen unterscheiden. "Es könnte im Interesse des Weibchens liegen, alte Spermazellen loszuwerden, da sie durch eine lange Lagerung möglicherweise beschädigt werden", meint Price. Für die Männchen zählt dagegen allein die Zahl an Spermien, die erfolgreich Eier befruchten konnten und so zu Nachwuchs führen. Gleichzeitig müssen sie versuchen, den Fortpflanzungserfolg von Konkurrenten möglichst gering zu halten. "Das Rätsel ist, warum das zweite Männchen das erste fast immer verdrängen kann", sagt Price.

Andere Lebewesen haben noch deutlich ausgefeiltere Methoden entwickelt, um konkurrierende Spermazellen aus einem begatteten Weibchen zu verdrängen. Manche Kurzflügelkäfer (Staphylinidae) haben Samenzellpakete, die sich im Weibchen wie ein Ballon aufblasen und die alten Spermien herausdrücken. Das Weibchen öffnet das Paket mit einem speziellen Zahn und setzt so die Spermazellen frei. Bei Heimchen werden die Samenzellen des Vorgängers aufgefressen, bevor das Weibchen erneut begattet wird.

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