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Lernen: Kann man Talent mit Übung aufwiegen?

Manchen Menschen fällt das Lernen einfach leicht. Für die anderen gilt: Häufiges Wiederholen hilft.
Junge Frau lernt nachts am Schreibtisch

Fair ist das nicht, was Gedächtnisforscher in den USA herausgefunden haben: Es gibt Menschen, die effizienter lernen – sowohl schneller als auch nachhaltiger. Denn Lerngeschwindigkeit und Langzeitgedächtnis hängen zusammen, berichten die Psychologin Kathleen McDermott und ihr Kollege Christopher Zerr von der Washington University in St. Louis. Wer langsam lerne, könne sich aber durch häufiges Üben deutlich verbessern.

In einem von mehreren Experimenten hatten die beiden mit ihrem Team rund 280 Versuchspersonen 45 englisch-litauische Wortpaare lernen lassen. Im direkt darauf folgenden Test sollten die Probanden die litauischen Vokabeln übersetzen. Die Wörter, die ihnen nicht einfielen, bekamen sie in der nächsten Lernrunde erneut vorgelegt, dann wurde wieder getestet, und dieses Prozedere wiederholte sich so oft, bis sie alle Wörter einmal richtig hatten. Dafür brauchten die Versuchspersonen unterschiedlich lange: Die schnellsten 25 Prozent benötigten im Schnitt fünf Runden, die langsamsten zwölf Runden.

Die Abschlussprüfung folgte am selben Tag nach längerer Ablenkung. Ergebnis: Die Gruppe, die die Vokabeln über fünf Runden wiederholt hatte, erinnerte sich im Schnitt an rund 80 Prozent der Wörter. Die langsameren Lerner brachten es nur auf 60 Prozent, obwohl sie zwölf Durchgänge hinter sich hatten.

Wiederholtes Einprägen steigere zwar das Erinnerungsvermögen, so die Autoren. Doch das genüge offenbar nicht, um den Vorsprung aufzuholen, den eine höhere »Lerneffizienz« bietet, also gute Leistungen bei hoher Lerngeschwindigkeit. Die effizienten Lerner ließen sich beim Vokabeltraining weniger leicht ablenken, beobachtete ein Team um McDermott anhand von Hirnscans in einer weiteren Studie.

Dennoch könne sich jeder durch wiederholtes Üben verbessern, rufen die Autoren in Erinnerung und verweisen auf Befunde aus der Lernforschung. In einem Experiment etwa sollten sich Probanden in mehreren Durchgängen immer wieder Wortpaare einprägen und sie dann aufschreiben. Ein Teil von ihnen bekam aber nur jene Vokabeln erneut vorgelegt, die sie vergessen hatten; die übrigen wiederholten stets alle Wörter. Letztere erinnerten sich eine Woche später an 55 Prozent der Vokabeln, mehr als doppelt so viele wie die Probanden, die das reduzierte Training absolvierten. Wer mehr übt, hat also durchaus etwas davon – auch wenn er weniger effizient lernt.

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