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Demenz: Kann Zweisprachigkeit Alzheimer verzögern?

Wer im Alltag mehr als eine Sprache spricht, kann eine mögliche Alzheimererkrankung vielleicht etwas länger aufschieben. Darauf deutet nun auch eine Studie aus der Hirnforschung hin.
Alte Frau

Wer zwei Sprachen spricht, hält sein Hirn fit – darauf deuten inzwischen zahlreiche Studien hin. Sprachtalente scheinen etwa über mehr graue und weiße Hirnsubstanz in bestimmten Arealen zu verfügen und besser dazu in der Lage zu sein, noch bis ins hohe Alter hinein kognitiv anspruchsvolle Aufgaben zu meistern, um nur zwei Beispiele zu nennen. Mittlerweile mehren sich die Hinweise, dass Zweisprachigkeit sogar die Alzheimerdemenz verzögern kann: So zeigen erste epidemiologische Untersuchungen, dass die Krankheit bei Menschen, die mit mehr als einer Sprache aufwachsen und leben, im Schnitt erst viereinhalb Jahre später ausbricht.

In eine ähnliche Richtung weisen nun auch die Ergebnisse einer Studie von Forschern um Daniela Perani von der Università Vita-Salute San Raffaele in Mailand. Sie untersuchten 85 Alzheimerpatienten aus der Stadt Bozen in Südtirol, von denen rund die Hälfte neben Italienisch auch Deutsch sprach. In Tests, die das Kurz- und Langzeitgedächtnis der Probanden abklopfen sollten, schnitten die bilingualen Teilnehmer besser ab als ihre einsprachigen Leidensgenossen, entdeckten die Wissenschaftler. Und das, obwohl die zweisprachigen Versuchspersonen im Schnitt fünf Jahre älter waren und über eine schlechtere Schulbildung verfügten – zwei Faktoren, die sich eher ungünstig auf eine Alzheimerprognose auswirken.

Ein Blick auf das Gehirn der Probanden per Positronenemissionstomografie (PET) offenbarte zudem, dass bei den zweisprachigen Alzheimerpatienten zwar in manchen Hirnregionen der Stoffwechsel stärker gedrosselt war als bei den einsprachigen Teilnehmern. Dafür zeigten andere Areale aber einen deutlich regeren Stoffwechsel, und sie kommunizierten offenbar besser miteinander.

Perani und ihre Kollegen interpretieren diese Beobachtung als eine Art Kompensationsverhalten des Gehirns. So scheine es bei den Probanden, die Deutsch und Italienisch sprechen, besser mit dem kognitiven Abbau zurechtzukommen.

Im Zuge der Globalisierung würden inzwischen zahlreiche Menschen auf der Welt mit einer zweiten Sprache leben, schreiben die Forscher am Schluss ihrer Arbeit. Sie glauben allerdings nicht, dass deshalb auch die halbe Welt besser gegen Alzheimer gerüstet sei. Denn viele Menschen würden zwar im Beruf oft eine zweite Sprache sprechen, diese dann aber spätestens nach ihrem Ausstieg aus dem Berufsleben kaum noch benutzen. Perani und ihr Team vermuten, dass nur Menschen, die auch bis ins hohe Alter noch mit zwei Sprachen leben, von den Vorteilen der Bilingualität vollends profitieren können. Das zeigte sich auch in ihrem Versuch: Die vorteilhaften Stoffwechselmuster im Gehirn der Probanden waren umso ausgeprägter, je häufiger diese tatsächlich Deutsch und Italienisch im Wechsel nutzten.

Insgesamt kontrollierten Perani und ihre Kollegen ihre Ergebnisse auf eine ganze Reihe von Einflussfaktoren. Der Sprachvorteil trat dabei unabhängig von verschiedenen demografischen Variablen wie Bildung, Beruf und Geschlecht zu Tage.

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