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Fleisch fressende Pflanzen: Kot ist nahrhafter als Fleisch

Manche Fleisch fressenden Pflanzen fressen gar kein Fleisch, sondern Fäkalien. Aber warum? Tatsächlich erweist sich der Lebensstil sogar als sehr ertragreich.
Die Kannenpflanze Nepenthes rajah hat eine große, ausladende Kanne, mit der sie Urin und Kot von kleinen Säugetieren einfängt.
Der Deckel dieser Kannenpflanze ist nicht dazu da, Beutetiere an der Flucht zu hindern. Er produziert ein Sekret, das Spitzhörnchen anlockt - deren Fäkalien dann in die Kanne fallen.

Kannenpflanzen, die sich von Fäkalien ernähren, gewinnen dadurch weit mehr Nährstoffe als klassische Fleisch fressende Pflanzen aus ihrer Beute. Zu diesem Schluss kommt ein Team um Adam T. Cross von der Curtin University in Australien anhand von Isotopenanalysen verschiedener Pflanzen der Gattung Nepenthes. Dabei verglich es Arten, die ganz klassisch Insekten und andere Wirbellose fangen, mit solchen, die kleine Säugetiere animieren, in ihre Kanne zu koten. Wie das Team in den »Annals of Botany« berichtet, erweisen sich die Fäkalien als deutlich reichhaltiger. Im Schnitt gewannen die Fäkaliensammler mehr als doppelt so viel Stickstoff über ihre Kannen wie vergleichbare Arten.

Die Kannen von Nepenthes sind eigentlich raffinierte Fallen. Sie locken Insekten an, die in die Kannen hineinfliegen. Deren Innenseiten sind sehr rutschig, so dass die Insekten in die Flüssigkeit am Boden der Kanne fallen und dort verdaut werden. Dass die Kannenpflanzen und andere Fleisch fressende Pflanzen überhaupt auf so ausgefeilte Art tierische Nahrung fangen, liegt vor allem am Stickstoff. Der ist an den Standorten der Kannenpflanzen meist extrem rar, aber in Tieren reichlich enthalten. Vor diesem Hintergrund leuchtet auch die zunächst ungewöhnliche Strategie der Fäkalien fressenden Pflanzen ein: Auch Kot und Urin enthalten sehr viel Stickstoff.

Wie die Strategie in der Praxis funktioniert, demonstriert Nepenthes lowii. Die Kannen dieser Art bestehen aus einem kugeligen unteren Bereich, der über eine schmale Röhre mit einem weit ausladenden, kloschüsselartigen oberen Bereich verbunden ist. Über diesem hängt ein geschwungener Deckel mit Borsten, die ein weißes, fettiges Sekret produzieren – eine willkommene Nahrungsquelle für das Hochland-Spitzhörnchen (Tupaia montana), das die Borsten von der Kloschüssel aus bequem erreicht und beim Fressen ihre Ausscheidungen präzise in den unteren Bereich der Kanne fallen lässt. Andere Nepenthes-Arten haben speziell geformte Kannen, die Fledermäusen Unterschlupf bieten und den von ihnen produzierten Guano ernten.

Eine solche Beziehung zwischen Kannenpflanze und Spitzhörnchen ist bereits seit 2009 bekannt. Allerdings war damals noch unklar, ob es sich um eine exotische Ausnahme handelte oder es noch weitere Beispiele gibt, und auch, welche Rolle der Kot in der Ernährung der Pflanze spielt. Die Studie zeigt nun, dass es sich um eine außerordentlich reichhaltige Nahrungsquelle handelt, die gleich mehrere Arten erschlossen haben. Dass nicht alle Nepenthes-Arten auf Kotkollektion umgesattelt haben, mag daran liegen, dass dieser Lebensstil recht aufwändig ist. Die Kannen müssen groß und stabil genug sein, um als Spitzhörnchen-Toilette zu funktionieren, und die Pflanze muss eine Nahrungsquelle produzieren, um die Tiere anzulocken. Entsprechend sind es vor allem Arten in höher gelegenen Gebieten, die sich an diese Strategie angepasst haben. Dort nämlich sind Insekten seltener.

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