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Karnak: Ägypter bauten ihren wichtigsten Tempel auf »Urhügel« im Nil

Geoarchäologen sind dem Ursprung der ägyptischen Tempelanlage von Karnak buchstäblich auf den Grund gegangen. Dabei haben sie entdeckt, was die Ägypter womöglich an den Ort lockte.
Eine antike Tempelanlage mit massiven Steinstrukturen und Säulen, umgeben von Palmen. Im Vordergrund spiegelt sich die Anlage in einem ruhigen Wasserbecken. Der Himmel ist klar und blau, was die majestätische Atmosphäre der historischen Stätte unterstreicht.
Über viele Jahrhunderte hinweg nutzten die Ägypten das Heiligtum von Karnak, errichteten Kapellen, Pylone und Hallen.

Geoarchäologen haben erstmals umfassend die Ursprünge des größten Tempelkomplexes im alten Ägypten erkundet. Wie die Gruppe um Benjamin Pennington von der University of Southampton in der Fachzeitschrift »Antiquity« berichtet, war Karnak auf einer Insel im Nil erbaut worden – womöglich, weil der Ort dem Urhügel aus ägyptischen Schöpfungsmythen ähnelte. Außerdem fanden die Forscherinnen und Forscher heraus, dass Menschen wohl bald nach 2500 v. Chr., zur Zeit des Alten Reichs, die Fläche nutzten. »Das Alter des Tempels von Karnak ist in archäologischen Fachkreisen stark umstritten«, erklärt Koautor Kristian Strutt in einer Pressemitteilung, »doch unsere neuen Belege setzen eine zeitliche Grenze für seine früheste Nutzung und Errichtung.«

Heute liegt das Heiligtum von Karnak mit seinen vielen Bauten ungefähr 500 Meter östlich des Nils. Auf dem Gelände des Tempels im alten Theben holten die Fachleute um Pennington 61 Bohrkerne aus dem Boden und werteten sie aus. Wie sich zeigte, erhob sich an der Stelle von Karnak einst eine Insel aus dem Nil, die sich um 2500 v. Chr. herausgebildet hatte. Das passe zu den archäologischen Funden, vor allem Tonscherben, die aus dem Alten Reich und der Ersten Zwischenzeit stammen, also grob aus der Zeit zwischen 2300 und 2000 v. Chr.

Im Lauf der Jahrhunderte verlandeten die Wasserarme um die Insel, waren von den Ägyptern aber auch mit Wüstensand aufgeschüttet worden, um Fläche für die Tempelgebäude zu schaffen. Doch Karnak blieb offenbar bis in die Spätantike eine Insel. Danach füllte sich der landseitige Wasserlauf mit Sedimenten, und der Hauptarm des Nils wanderte nach Westen.

Bohrarbeit | An insgesamt 61 Stellen bohrten die Forscher zwischen 6,4 bis 11,65 Meter in die Tiefe, um eine durchgängige Abfolge von Sedimenten zu gewinnen.

Die Insel könnte die Ägypter an ihre Schöpfungsmythen erinnert haben: Urgötter schufen die Welt, indem sie einen Urhügel aus dem Wasser hoben. »Es ist verlockend anzunehmen, dass die Eliten von Theben den Standort Karnak als Wohnstätte eines neuen Schöpfergottes ›Ra-Amun‹ wählten, weil er zu der kosmogonischen Vorstellung einer Erhebung passte, die aus dem umgebenden Wasser hervorkommt«, sagt Pennington.

Der zirka 100 Hektar große Komplex von Karnak war vor allem den drei Gottheiten Amun-Re, Month und Mut geweiht. Karnak liegt unweit von Luxor am Ostufer des Nils. Auf der anderen Flussseite befindet sich Theben-West, eine große Tempel- und Totenstadt mit dem Tal der Könige.

  • Quellen
Pennington, B. T. et al., Antiquity 10.15184/aqy.2025.10185, 2025

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