Wissenschaft im Alltag: Karosse in der Nasszelle
Schutz gegen Korrosion und eine ansprechende Optik, das sind die wichtigsten Funktionen der etwa 90 000 Tonnen Lack, die pro Jahr in Deutschland auf fast sechs Millionen Neuwagen aufgetragen werden. Jede Karosserie durchläuft dabei nicht weniger als fünf verschiedene Beschichtungsprozesse, bevor ihre neue Außenhaut allen technischen und visuellen Anforderungen genügt.

© Spektrum der Wissenschaft / Thomas Braun, Heidelberg (Ausschnitt)
© Spektrum der Wissenschaft / Meganim, nach: Frank Huber (Ausschnitt)
Autolack: Nur fünf dünne Schichten | Der Lackaufbau eines Autos besteht aus fünf stets nur wenige Mikrometer dicken Schichten.
© Spektrum der Wissenschaft / Meganim, nach: Frank Huber (Ausschnitt)
Die kathodische Elektrodentauchlackierung | Um Außenflächen und auch Hohlräume einer Karosserie zu grundieren, wird sie in einem Becken mit Elektrotauchlack geflutet und an eine negative Spannung (Kathode) angeschlossen. Der Lack besteht zu etwa achtzig Prozent aus Wasser und enthält positiv geladene Epoxidharz-Partikel (Harz-NR2H+) als Bindemittel. An der Metalloberfläche entstehen nun durch elektrolytische Spaltung des Wassers negativ geladene Hydroxid-Ionen, die die Harz-Partikel entladen (Harz-NR2). Sie werden unlöslich und scheiden sich ab. Die Grundierungsschicht wächst so lange, bis ihre isolierende Wirkung den Stromfluss unterbindet.
Übrigens: Wasserbasislacke enthalten immer noch 10 bis 15 Prozent organische Lösemittel, Wasserfüller fünf bis sieben Prozent. Diese Lacke ergeben nur dann optimale Resultate, wenn Temperatur, Luftfeuchtigkeit und sogar die Luftgeschwindigkeit in der Lackierkabine genau und konstant gehalten werden. Typische Werte sind: 23 +/-3 Grad Celsius und 65 +/-5 Prozent Feuchtigkeit.
Von etwa 15 Kilogramm flüssiger Beschichtungsmittel verbleiben nach dem Einbrennen und dem damit verbundenen Abdunsten von Lösemitteln und Wasser rund acht Kilogramm als Feststoff auf dem Metall.
Übrigens: Wasserbasislacke enthalten immer noch 10 bis 15 Prozent organische Lösemittel, Wasserfüller fünf bis sieben Prozent. Diese Lacke ergeben nur dann optimale Resultate, wenn Temperatur, Luftfeuchtigkeit und sogar die Luftgeschwindigkeit in der Lackierkabine genau und konstant gehalten werden. Typische Werte sind: 23 +/-3 Grad Celsius und 65 +/-5 Prozent Feuchtigkeit.
Von etwa 15 Kilogramm flüssiger Beschichtungsmittel verbleiben nach dem Einbrennen und dem damit verbundenen Abdunsten von Lösemitteln und Wasser rund acht Kilogramm als Feststoff auf dem Metall.
WUSSTEN SIE SCHON?
Mit den Nitrolacken, Lösungen von Nitrozellulose in organischen Estern, begann in den 1920er Jahren die Fließbandlackierung von Kraftfahrzeugen, fast vierzig Jahre nach den ersten motorisierten "Velocipeden" von Carl Benz. Nach dem Aufspritzen waren die Lackschichten innerhalb weniger Minuten trocken und schleifbar, erlaubten also kurze Taktzeiten.
Eine Klarlackschicht auf Acrylat-Grundlage versiegelt schließlich den Basislack und verleiht ihm Glanz, Witterungsbeständigkeit und in gewissem Maße auch Kratzfestigkeit. Füller, Basis- und Klarlack werden zum größten Teil elektrostatisch von Automaten in Reinraumkabinen aufgesprüht, jeder an einer eigenen Station. Üblicherweise verfügt jede über einen "Dachautomaten" mit drei Zerstäubereinheiten für die Lackierung von Motorhaube, Dach und Heckklappe sowie zwei "Seitenautomaten" mit je drei Einheiten für die seitlichen Karosserieteile. Die elektrostatischen Sprühtechniken arbeiten äußerst effektiv: Etwa neunzig Prozent des eingesetzten schichtbildenden Materials kommen schlussendlich tatsächlich auf der Karosserie an. Mit den Nitrolacken, Lösungen von Nitrozellulose in organischen Estern, begann in den 1920er Jahren die Fließbandlackierung von Kraftfahrzeugen, fast vierzig Jahre nach den ersten motorisierten "Velocipeden" von Carl Benz. Nach dem Aufspritzen waren die Lackschichten innerhalb weniger Minuten trocken und schleifbar, erlaubten also kurze Taktzeiten.
© Spektrum der Wissenschaft / Meganim, nach: Frank Huber (Ausschnitt)
Elektrostatische Sprühlackierung | Eine mit 20 000 bis 40 000 Umdrehungen pro Minute um ihre Längsachse rotierende Glocke zerstäubt Lack zu einem feinen Nebel und schleudert die Tröpfchen zu einem Kranz von Elektroden. Dort werden sie mit Ionen aufgeladen, die an den Elektrodenspitzen in einer Gasentladung entstehen. Vom geerdeten Werkstück angezogen und durch einen Luftstrahl gelenkt, bewegt sich die Lackwolke zur grundierten Karosserie. Im Takt von zwei bis fünf Minuten trägt ein solcher "elektrostatisch unterstützter Hochrotationszerstäuber" bis zu einem halben Liter Beschichtungsstoff auf die Karosserie auf.
Metalleffektlacke glänzen übrigens nur dann, wenn sich die 25 bis 45 Mikrometer großen Aluminiumplättchen im nassen Lackfilm parallel zur Oberfläche ausrichten. Hohe Flüssigkeitsanteile und dadurch starke Schrumpfung beim Trocknen erleichtern diese Orientierung, Additive verhindern ein Verwirbeln.
Metalleffektlacke glänzen übrigens nur dann, wenn sich die 25 bis 45 Mikrometer großen Aluminiumplättchen im nassen Lackfilm parallel zur Oberfläche ausrichten. Hohe Flüssigkeitsanteile und dadurch starke Schrumpfung beim Trocknen erleichtern diese Orientierung, Additive verhindern ein Verwirbeln.
"Wissenschaft im Alltag" ist eine regelmäßige Rubrik in Spektrum der Wissenschaft. Eine Sammlung besonders schöner Artikel dieser Rubrik ist soeben als Dossier erschienen.
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Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.

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