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Invasive Arten: Karpfen-Invasion durch den Entendarm

Wie kommen Fische in neue Gewässer? Eine neue Studie zeigt: in Vögeln. Was nach einer Kuriosität klingt, hat möglicherweise einige Bedeutung für den Umweltschutz.
Ein Erpel mit ausgebreiteten Flügeln auf einem Gewässer.

Manche Fischarten reisen womöglich im Verdauungstrakt von Wasservögeln zu isolierten Gewässern. Das legt ein Experiment nahe, das eine Arbeitsgruppe um Ádám Lovas-Kiss vom Institut für Donauforschung in Debrecen nun mit Enten einerseits sowie Karpfen (Cyprinus carpio) und den mit ihnen verwandten Silberkarauschen (Carassius gibelio) andererseits durchführten. Wie das Team in »PNAS« berichtet, sind es allerdings nicht die erwachsenen Fische, die im Darm der Vögel über Land reisen, sondern deren Eier. Anders als Fachleute bisher vermuteten, überlebt nämlich ein gewisser Teil der Eier, wenn sie von den Enten gefressen werden. Aus ihnen können später, wenn sie in ein geeignetes Gewässer wieder ausgeschieden werden, immer noch Fische schlüpfen. Bisher galt das nur bei den besonders widerstandsfähigen Eiern bestimmter tropischer Fische als möglich.

Das Team verfütterte je drei Gramm Eier der beiden Fischarten an vier weibliche und vier männliche Enten und untersuchte den Anteil der intakten Eier in den Ausscheidungen. Bei insgesamt sechs Tieren wurde es fündig. Die Gruppe barg insgesamt 18 unbeschädigte Eier beider Arten, und aus dreien schlüpften tatsächlich Fischlarven. Weit mehr Eier überlebten im Darm der männlichen Tiere, ob das allerdings einen tieferen Grund hat oder einfach Zufall war, lässt sich mit so wenigen Daten nicht klären. Obwohl insgesamt nur 0,2 Prozent der Eier es heil aus dem Hinterende der Enten schafften, kann dieser Mechanismus nach Ansicht der Forscher für die Verbreitung der Fische eine Rolle spielen.

Karpfen und Silberkarauschen werden einerseits gezielt als Speise- und Zierfische in Gewässer eingebracht, andererseits sind sie in vielen Teilen der Welt invasive Arten, die einheimische Fische verdrängen und sogar ihre Bestände vernichten können. Deswegen versuchen Fachleute, ihre Verbreitung zu verhindern oder sie in befallenen Gewässern dauerhaft wieder auszurotten. Dass Wasservögel nun auch dazu beitragen können, die Fische in bisher nicht besiedelte Gewässer einzuschleppen, verkompliziert die Bekämpfung. Allerdings ist noch unklar, welche Bedeutung der Mechanismus wirklich hat. »Ich denke nicht, dass es in einem Ausmaß passiert, dass die bisherige Forschung über die Verbreitung von Fischen jetzt überholt wäre«, schreibt der Ökologe Sam Perrin in seinem Blog. »Aber es ist etwas, worüber wir jetzt nachdenken müssen.«

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