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News: Karussell des Lebens

Bislang galten die Erkenntnisse über den Zellzyklus der Hefe als gesichert. Doch Forscher deckten nun einen Irrtum auf, der auch Konsequenzen für den Menschen haben könnte.
Die meisten Menschen denken vermutlich bei dem Wort Hefe an aufgehende Teigmassen oder ein kühles Bier. Ein Naturwissenschaftler hat jedoch andere Assoziationen – denn die Hefe gilt in der Wissenschaft als der eukaryotische Modellorganismus schlechthin.

So widmen sich zahlreiche Forscher gerade diesem, vermeintlich unscheinbaren Organismus, um beispielsweise menschliche Gendefekte zu untersuchen, denn Hefe und Mensch haben mehr gemeinsam, als man zunächst vermuten mag. Außerdem lassen sich an dem "pflegeleichten" und relativ anspruchslosen Pilz die verschiedenen, allen Eukaryoten – und damit auch dem Menschen – zu Grunde liegenden Mechanismen besonders gut studieren.

Vor allem der Zellzyklus, also der periodische Ablauf, bei dem die Zelle ihr Erbgut verdoppelt, sich anschließend teilt, um dann bis zur nächsten Teilung wieder heranzuwachsen, interessiert zahlreiche Wissenschaftler brennend. Auch die Arbeitsgruppe um Ralph Wäsch von der Rockefeller University ist an der Ergründung dieses Vorgangs beteiligt. Während ihrer Untersuchungen am "Rythmus des Lebens" entdeckten die Forscher jedoch etwas, das vehement am bis dahin bekannten Wissensgefüge über das Teilungsprozedere der Hefe rüttelt.

Der Zellzyklus der Hefe wird – wie in allen Lebensformen mit einem membranumhüllten, "echten" Zellkern – vom Steigen und Sinken des Spiegels so genannter Cycline beeinflusst. Ihre Konzentration bestimmt letztendlich, wann die Zelle ihre DNA verdoppelt, wann sie sich teilt und wie lange die Phase bis zur erneuten Teilung andauert.

Bislang glaubte die Fachwelt mit dem Cyclin Clb5 das Molekül gefunden zu haben, dessen Abbau der Zelle das Ende der Kernteilung signalisiert und dadurch die Teilung des restlichen Zellkörpers zur Folge hat. Doch die Ergebnisse Wäschs zeigen, dass diesem Molekül jahrelang eine falsche Rolle zugesprochen wurde. Demzufolge soll nicht der Abbau von Clb5, sondern der des verwandten Clb2-Moleküls als grundlegender Marker für eine abgeschlossene gleichmäßige Verteilung des Erbmaterials gelten. Das Cyclin Clb5 hingegen sorgt nach Angaben der Wissenschaftler während des Zellzykluses dafür, dass die Chromosomen in Takt bleiben.

Da die Grundzüge des Zellzykluses in allen eukaryotischen Organismen sich weitgehend ähneln, könnte die Erkenntnis der Forscher auch für den Menschen zutreffen. Gerät das ausbalancierte Zellzyklus-System hier aus dem Gleichgewicht, kann dies häufig zur Entstehung von Krebs führen. So könnten beispielsweise mutierte Gene dafür sorgen, dass sich entsprechende Cycline anhäufen, wodurch die Zelle sich in der Folge unkontrolliert teilen würde. Mit dem genauen Wissen um die Mechanismen, die der Zellteilung zu Grunde liegen, lassen sich somit auch deren krankhaften Entgleisungen besser verstehen.

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  • Quellen
Rockefeller University
Nature 418(6897): 495–496 (2002)
Nature 418(6897): 556–562 (2002)

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