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News: Katalysatoren mal genauer betrachtet

Schwefelverbindungen zum Beispiel aus Autoabgasen tragen stark zur Luftverschmutzung bei. Forscher sind daher ständig auf der Suche nach neuen Verfahren, mit denen erdölbasierte Treibstoffe schon in Raffinerien möglichst weitgehend aufgereinigt werden können. Die dafür eingesetzten Katalysatoren funktionieren so weit auch recht gut, aber was und wo eigentlich geschieht, ist oft noch unklar. Mit einem Rastertunnelmikroskop konnten Wissenschaftler nun zum ersten Mal die Reaktionsstellen mit atomarer Auflösung sichtbar machen.
Raffinerien verringern den Schwefelgehalt von Diesel, Benzin und anderen Treibstoffen auf Erdölbasis, indem sie die Brennstoffe in einem Wasserstoffstrom durch ein poröses Material schicken, das mit Molybdän-Disulfid (MoS2) beschichtet ist. Die dabei ablaufenden chemischen Reaktionen entfernen bereits einen großen Anteil des Schwefels – aber nicht genug, um die Luftqualität wirklich ausreichend zu schützen. Die Regierungen in Deutschland und den USA fordern daher eine noch weitergehende Aufreinigung der Erdölprodukte.

Um die Methode weiter verbessern zu können, müssen Wissenschaftler aber erst einmal bis ins Kleinste wissen, was bei dem Prozess eigentlich genau geschieht. Denn trotz jahrelanger Forschung sind noch immer viele Fragen ungeklärt, zum Beispiel, wo die chemischen Reaktionen eigentlich stattfinden. "Die Leute haben bloß geraten, es gab keine direkten Beobachtungen", erzählt Flemming Besenbacher von der University of Aarhus in Dänemark.

Ein Problem bei den Experimenten war bisher, dass die vier Nanometer großen Kristalle auf glatten Oberflächen zu größeren Kristallen verklumpen und sich damit ihre chemischen Eigenschaften veränderten. Besenbacher und seine Kollegen benutzten daher Gold als Unterlage, da sich in dessen Oberflächenstruktur regelmäßig angeordnete Stellen finden, die kleine Ansammlungen von Molydänatomen anziehen. Anschließend leiteten die Wissenschaftler Schwefelwasserstoff (H2S) über die Versuchsanordnung, um Nanokristalle aus Molybdänsulfid zu erhalten (Physical Review Letters vom 31. Januar 2000).

Als sie die so beschichtete Goldoberfläche anschließend mit einem Rastertunnelmikroskop abtasteten, erlebten sie eine Überraschung: Die Kristalle waren dreieckig und nur ein Atom dick. Größere Kristalle weisen normalerweise sechseckige Oberflächen auf. Die Forscher vermuten daher, dass sich die unterschiedlichen chemischen Eigenschaften von einschichtigen und mehrschichtigen Molybdänsulfid-Kristallen, wie sie von anderen Wissenschaftlern berichtet werden, auf die verschiedenen Strukturen zurückführen lassen.

Einige Hinweise deuteten darauf hin, dass die chemischen Reaktionen in diesem und ähnlichen Katalysatoren eher an den Kanten der Kristalle ablaufen, wo stellenweise Atome fehlen und so die Struktur beschädigt ist. Daher nahmen die Wissenschaftler die Kanten besonders unter die Lupe und entdeckten dort Reihen mit geringfügig anders angeordnete Schwefelatomen. Mit Hilfe von Wasserstoff entfernten sie in den Reihen einzelne Atome und hoffen, dass sie nun in weiteren Versuchen die katalytischen Prozesse genauer untersuchen können, die an diesen Stellen stattfinden sollten.

"Es gab schon eine ganze Reihe von Ansätzen, den Mechanismus dieser Reaktion zu verstehen", erklärt Gerhard Ertl vom Fritz-Haber-Institut in Berlin. Doch mit ihren Experimenten konnten die dänischen Wissenschaftler zum ersten Mal auf atomarer Ebene die Reaktionsstellen aufdecken. Frühere Untersuchungen mit dem Rastertunnelmikroskop konzentrierten sich auf Reaktionsabläufe an metallischen Oberflächen. Molybdänsulfid aber ist kein Metall und enthält außerdem zwei verschiedene Atome. Es ist daher sehr viel schwieriger, die Reaktionen zu analysieren. Mit der Methode könnte man Ertl zufolge noch eine ganze Reihe ähnlicher Katalysatoren genauer untersuchen. Und die Ergebnisse könnten vielleicht dazu beitragen, dass verbesserte Verfahren entwickelt werden, mit denen Schwefel endgültig aus Treibstoffen auf Erdölbasis entfernt werden kann.

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