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News: Katalytische DNA mit kleinen Tricks

Es war ein so schön einfaches Modell einer molekularen Arbeitsteilung: Die DNA ruht sicher im Zellkern, manchmal werden RNA-Kopien von ihr gemacht, nach deren Anleitung schließlich die Proteine zusammengesetzt werden - die eigentlichen Arbeiter in der Zelle. Aber schon vor Jahren mußten Biologen sich damit abfinden, daß die Wirklichkeit mal wieder viel Komplizierter ist. Die Entdeckung der Ribozyme zeigte, daß auch RNA chemische Reaktionen katalysieren kann. Nun ist es einem Forscherteam gelungen, DNA-Moleküle mit einer reaktionsfreudigen Gruppe zu versehen, ohne die Vermehrung der Nukleinsäure im Reagenzglas dadurch zu beeinträchtigen. Damit schaffen sie die Voraussetzung für eine evolutive DNA-Chemie, bei der Billionen von verschiedenen Molekülen synthetisiert und selektioniert werden können.
Mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion können im Labor DNA-Moleküle blitzschnell vermehrt werden. Dem Enzym Polymerase unterlaufen dabei gelegentlich Fehler, deren Häufigkeit durch gezielte Manipulation erhöht werden kann, so daß innerhalb kurzer Zeit Billionen verschiedener DNA-Stränge entstehen, deren Eigenschaften experimentell untersucht werden können. Diejenigen Moleküle, welche den gewünschten Anforderungen am besten entsprechen, dienen als Vorlage für den nächsten Kopierdurchgang – ein Prozeß, der sich die Evolutionsprinzipien von zufälliger Veränderung und gezielter Selektion zunutze macht.

Natürliche DNA-Moleküle sind allerdings recht reaktionsträge, so daß sie nur an wenigen chemischen Abläufen beteiligt sind. Zwar lassen sich recht einfach chemisch aktive Gruppen an die DNA anbinden, doch hemmen solche Veränderungen dann die Polymerase und verhindern so die massenhafte Vervielfältigung.

Kandasamy Sakthivel und Carlos F. Barbas III vom The Scripps Research Institute beschreiben in der internationalen Ausgabe von Angewandte Chemie (Nr. 20, Oktober 1998) die Synthese einer DNA, die trotz bedeutender Modifikationen eines ihrer Bausteine noch weiterhin von der Polymerase kopiert wird.

DNA-Moleküle bestehen aus vier verschiedenen Bausteinen – den Nukleotiden –, die sich dadurch voneinander unterscheiden, daß sie verschiedene Basen tragen. Die Basen haben zwei Funktionen: Zum einen bestimmen sie, welchem Buchstaben des genetischen Codes – A, T, C oder G – ein Nukleotid entspricht. Zum anderen bilden sie Brücken zu einem zweiten DNA-Molekül aus, so daß ein Doppelstrang entsteht. Dabei verbinden sich aber nur ein Nukleotid A auf dem einen und ein Nukleotid T auf dem anderen Strang sowie C und G.

Sakthivel und Barbas verwandten ein verändertes Nukleotid U, das den Platz des Nukleotids T einnehmen kann. Die Modifikationen hatten sie an einer Stelle der Base angebracht, die nach außen zeigte und so nicht die Bindung der beiden DNA-Stränge störte. Bei den zusätzlichen Gruppen handelte es sich zum Beispiel um eine Aminogruppe, die an einem Kohlenwasserstoffarm hing. Aber auch mit größeren Verbindungen verliefen die Experimente erfolgreich. In anschließenden Versuchen ließ sich das neue DNA-Molekül problemlos mit der Polymerase vervielfältigen.

Die beiden Wissenschaftler haben nur eine von vier verschiedenen Nukleotidarten verändert. Sie vermuten, daß durch die gezielte Modifikation aller vier Basentypen in Kombination mit den evolutiven Methoden der Polymerase-Kettenreaktion die DNA in Zukunft eine echte Konkurrenz für Proteine werden könnte, wenn es darum geht, welches Molekül eine chemische Reaktion am besten erledigen kann.

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