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Cannabis als Arzneimittel: Kaum Belege für Wirkung bei Ängsten oder Depressionen

Die Hoffnungen, die in medizinisches Cannabis gesetzt werden, sind groß. Ob es auch bei psychischen Erkrankungen hilft, ist allerdings weiterhin unklar, wie eine Metaanalyse zeigt.
Blätter einer Hanfpflanze

Cannabis und seine Inhaltsstoffe kommen zunehmend nicht nur als Droge zum Einsatz, sondern auch als Arzneimittel – etwa bei der Behandlung von Epilepsie oder von Schmerzen. Aber auch bei psychischen Beschwerden wie Ängsten oder Depressionen setzen manche Ärzte und Patienten inzwischen auf die Heilkraft des Hanfs. Das könnte allerdings verfrüht sein, gibt ein Team um Nicola Black und Emily Stockings von der University of New South Wales in Sydney nun zu bedenken. In einer Metaanalyse, welche die Forscherinnen und Forscher im Fachmagazin »Lancet Psychiatry« veröffentlichten, konnten sie bei einer Reihe von psychischen Störungen keine ausreichenden Hinweise darauf finden, dass Cannabinoide tatsächlich helfen.

Die Wissenschaftler nahmen insgesamt 83 Studien mit zusammengenommen mehr als 3000 Versuchspersonen unter die Lupe, die sich mit der Wirkung von Cannabinoiden bei Depressionen, Angststörungen, ADHS, Psychosen, Posttraumatischen Belastungsstörungen oder dem Tourette-Syndrom beschäftigt hatten. Bei knapp der Hälfte der Untersuchungen handelte es sich um randomisiert-kontrollierte Studien, bei denen die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einer von mehreren Versuchsbedingungen zugeteilt werden. Die meisten Studien untersuchten die Effekte von Tetrahydrocannabinol (THC), dem Cannabinoid, dem die Hanfpflanze den Hauptteil ihrer berauschenden Wirkung zu verdanken hat. Deutlich weniger Untersuchungen fokussierten sich ausschließlich auf den nicht psychoaktiven Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD).

Dabei entdeckten die Forscher, dass THC (in Kombination mit sowie ohne CBD) einzig die Angstsymptome von Patienten reduzieren konnte, die auch auf Grund von anderen Erkrankungen wie multipler Sklerose oder chronischen Schmerzen in Behandlung waren. Das Team um Black und Stockings vermutet, dass dies mit einer Verbesserung der Grunderkrankung durch die Cannabinoide zusammenhängen könnte – um das zu bestätigen, bedürfe es allerdings genauerer Forschung. Bei allen anderen untersuchten Erkrankungen konnten die Wissenschaftler keine positiven Effekte durch die Einnahme von pharmazeutischem THC entdecken – Psychosen verschlechterten sich in einer Studie mit 24 Probanden sogar durch die Einnahme von Cannabis.

»In Ländern, in denen Cannabis zur medizinischen Anwendung bereits legal ist, sollten sich Ärzte und Patienten der begrenzten Evidenz und der Risiken, die mit der Einnahme von Cannabinoiden verbunden sind, bewusst sein«, sagt Studienautorin Louisa Degenhardt. Es sein wichtig, in Zukunft größere und qualitativ hochwertigere Untersuchungen mit mehr Patienten durchzuführen, um den Nutzen und die Nebenwirkungen von Cannabinoiden genauer auszuloten. Bis dahin sei ihr Einsatz bei psychischen Erkrankungen – auch auf Grund der bereits bekannten Risiken – nicht zu rechtfertigen, so das Fazit der Autoren.

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