Direkt zum Inhalt

News: Kavaliere mit Grenzen

Manche Männer sind noch richtige Kavaliere. Afrikanische Buntbarsch-Herren beispielsweise beschützen neue Haremsdamen tapfer gegen ihre wütenden Konkubinen. Ohne das ranghohe Männchen käme es zwischen den Fischweibchen schnell zum Streit und Neulinge hätten es daher schwer, in einem Revier Fuß zu fassen. Doch mit seiner anscheinend edlen Absicht verfolgt das Männchen nur das Ziel, seinen Fortpflanzungserfolg zu erhöhen. An der Aufzucht der Brut beteiligt sich das Männchen dann nicht mehr, denn er ist viel zu arg damit beschäftigt, neue Weibchen zur Paarung zu finden.
Buntbarsche sind Raubfische, und wie viele andere Barschartige verteidigen sie beanspruchte Reviere heftig gegen Artgenossen des gleichen Geschlechts. Afrikanische Buntbarsche der Art Neolamprologus multifaciatus nutzen leere Schneckengehäuse als Zufluchtsstätte und zum Brüten. Je mehr dieser Wohnmöglichkeiten in einem Revier vorhanden sind, desto mehr Weibchen können sich im Revier eines Männchen niederlassen und so seine Reproduktionsrate erhöhen. Männliche Konkurrenten verweist der Revierinhaber dagegen von vorneherein energisch vom Platz. Die Anzahl der Fische in einem Territorium hängt letztendlich von der Zahl der verfügbaren Schneckenhäuser ab. Und auch die Weibchen bewachen und verteidigen ihre Behausungen heftig, um sie für die Aufzucht ihrer Nachkommen zu sichern. Wird es jedoch im Harem zu voll, so kommt es unter den Weibchen zu Querelen.

Doch der Streit der Buntbarschdamen artet nicht weiter aus oder führt sogar dazu, dass die eine oder andere Haremsdame das Revier verläßt. Im Gegenteil – es finden sogar noch weitere Konkubinen Platz, fanden Forscher des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie heraus (In einer der kommenden Ausgaben von Behavioural Ecology and Sociobiology).

Carsten Schradin und Jürg Lamprecht untersuchten in einem künstlichen Revier das Verhalten eines Buntbarsch-Paares. Um weitere Fische zu verleiten, in das fremde Territorium einzudringen, statteten die Forscher es mit einem Überschuss an Schneckenhäusern aus. Drang nun ein fremdes Weibchen in das Revier ein und wurde von den wütenden Genossinnen attackiert, so beschützte das Männchen den Neuankömmling. "Die Weibchen tolerieren sich nur so lange gegenseitig, wie ein Männchen anwesend ist, wird es entfernt, wirft das dominante Weibchen die Neue sofort aus dem Revier", erklärt Schradin. Die Verhaltensforscher berichten außerdem, dass die Weibchen unter sich eine hierarchische Rangfolge aufbauen und verschieden große Teile des Reviers beanspruchen. "Größere Weibchen besaßen mehr Schneckenhäuser und erhoben darüber hinaus Anspruch auf Behausungen von noch nicht geschlechtsreifen Bewohnerinnen", meint Schradin.

Hinter den beschwichtigenden Mühen des Männchens stecken nach Ansicht der Forscher jedoch keine edlen Kavaliersgedanken oder der Wunsch nach Harmonie. Für ihn sind die neuen Weibchen nur eine willkommene Gelegenheit, seinen Fortpflanzungserfolg zu steigern. Die Männchen schwimmen daher frei zwischen den Teilrevieren umher und sorgen für Frieden zwischen den Weibchen. Um ihren Nachwuchs kümmern sie sich dagegen kaum, denn die meiste Zeit verbringen sie damit, ihr Revier gegen eindringende Männchen zu verteidigen und nach neuen Weibchen Ausschau zu halten.

"Männchen kämpfen oft hart um Brutplätze," meint Axel Meier von der Universität Konstanz, "aber das Bewahren von Frieden führt zu einer interessanten Verflechtung. "In mehreren anderen Buntbarscharten stehlen Männchen sogar die Schneckenhäuser von anderen Männchen, um ihre Territorien für die Weibchen interessanter zu gestalten."

Siehe auch

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.