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Kein Computervirus: Ein zweiter Trojaner für die Erde

Kein Pferd und kein Computervirus, sondern ein Asteroid: Astronomen haben einen zweiten Erdtrojaner aufgespürt, der unserer Erde auf ihrer Umlaufbahn vorauseilt.
Asteroiden im Sonnenlicht.

Denken Astronominnen und Astronomen an Trojaner, haben sie selten Bewohner des antiken Troja oder schädliche Computerprogramme im Sinn. Gemeint sind besondere Himmelskörper: Trojaner sind Asteroiden, die einem Planeten auf seiner Umlaufbahn entweder voraus- oder hinterhereilen. Während es der Riesenplanet Jupiter in unserem Sonnensystem bislang auf fast 10 000 derartiger Jupitertrojaner bringt, kannte man von der Erde bisher lediglich einen einzigen solchen Begleiter. Der hat nun allerdings Gesellschaft bekommen. Ein Team um Toni Santana-Ros von der Universität Alicante gab im Fachmagazin »Nature Communications« die Entdeckung des zweiten Erdtrojaners bekannt.

Der auf den Namen 2020 XL5 getaufte Asteroid läuft der Erde auf ihrer Umlaufbahn voraus. Ebenso wie der bereits 2011 entdeckte erste Erdtrojaner TK7 bewegt er sich um den Lagrange-Punkt L4. Himmelskörper an diesem Punkt bilden mit Erde und Sonne ein gleichseitiges Dreieck, was die Bahn dieser Objekte stabilisiert.

Erdtrojaner wie 2020 XL5 sind schwierig zu finden

Vermutlich sind noch mehr dieser Himmelskörper da draußen. Es gibt keinen Grund, warum die Erde nicht von viel mehr Trojanern begleitet werden sollte. Denn bei Trojanern handelt es sich nicht um eine spezielle Klasse an Asteroiden per se, sondern um Himmelskörper an den Lagrange-Punkten L4 und L5. Die Lagrange-Punkte beschreiben theoretische Punkte in einem System zweier massereicher Himmelskörper, an denen ein dritter, leichterer Körper sich quasi antriebslos aufhalten kann. Das James Webb-Weltraumteleskop etwa ist kürzlich an seinem Zielort angekommen: einer Bahn um den Lagrange-Punkt L2.

Im Gegensatz zu L2 sind die Lagrange-Punkte L4 und L5 stabil. Das heißt, wenn ein leichter Himmelskörper dort ist, bleibt er dort erst einmal auf absehbare Zeit – wie etwa die Tausende von Jupitertrojanern oder nun der neu entdeckte 2020 XL5, der Berechnungen zufolge noch für rund 4000 Jahre der Erde vorauslaufen wird. Allerdings sind gerade Erdtrojaner sehr schwer zu finden und zu beobachten: Auf Grund der Geometrie – Sonne, Erde und der Lagrange-Punkt L4 bilden ein gleichseitiges Dreieck – lassen sich diese Objekte oft nur von uns aus gesehen nahe der Sonne beobachten. Dazu kommt noch, dass sie meist im Schatten liegen und daher sehr leuchtschwach sind.

2020 XL5 ist rund einen Kilometer groß und wahrscheinlich recht dunkel

Mit Hilfe der Pan-STARRS1-Himmelsdurchmusterung gelang dem Team um Santana-Ros der Fund dieses zweiten Erdtrojaners im Dezember 2020. Auf Grund weiterer Beobachtungen konnte es die Umlaufbahn des Objekts genauer bestimmen und feststellen, dass es sich tatsächlich um einen Erdtrojaner handelt, der der Erde am Lagrange-Punkt L4 vorausläuft.

Wegen der ungünstigen Beobachtungsbedingungen – so konnte das Team den Asteroiden etwa lediglich kurz vor der Dämmerung beobachten – war und ist es schwierig, die Eigenschaften dieses Asteroiden genauer zu bestimmen. Die Forscherinnen und Forscher gehen auf Grund ihrer Daten aber davon aus, dass es sich bei 2020 XL5 um einen Asteroiden vom Typ C handeln könnte, der einen hohen Kohlenstoffanteil aufweist und daher recht dunkel wäre. Außerdem soll er eine Größe von rund einem Kilometer aufweisen.

Vor Ort ist er übrigens nicht entstanden. Stattdessen könnte es sich eher um einen Asteroiden handeln, der ursprünglich dem Asteroidengürtel entstammt.

Ein Besuch beim Erdtrojaner wäre schwierig

Damit ist 2020 XL5 etwas größer als der nun nicht mehr einzige Erdtrojaner 2010 TK7, der es auf einen Durchmesser von rund 300 Metern bringt. Das Forscherteam hat in einem nächsten Schritt untersucht, wie es denn mit etwaigen Besuchsmöglichkeiten bei diesen beiden Erdtrojanern ausschauen würde: leider eher schlecht als recht. Ein Einschwenken in die Umlaufbahn dieser beiden Asteroiden dürfte sich als teuer erweisen, als realistischer schätzen die Autorinnen und Autoren die Chance ein, an einem der beiden Trojaner vorbeizufliegen. Und ein paar tausend Jahre blieben dafür ja noch.

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