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Phosphan-Debatte: Kein Lebenszeichen auf der Venus

Eine Sensationsmeldung fällt in sich zusammen. Nachdem bereits Kritik an der Interpretation laut wurde, zerpflücken Fachleute nun die Daten hinter dem »Leben auf der Venus«.
Computerdarstellung der Venus-Oberfläche in einem kleidsamen Orange.

Die vermeintliche Messung des Spurengases Phosphan (PH3) auf der Venus geht wohl auf Auswertungsfehler zurück. Zu diesem Schluss kommt ein Team um den Astronomen Geronimo Villanueva vom NASA Goddard Space Flight Center in einem Kommentar zu dem am 14. September veröffentlichten Artikel in »Nature Astronomy«. Wie die Arbeitsgruppe berichtet, geht eines der Signale nicht auf PH3 zurück, sondern auf Schwefeldioxid (SO2); das zweite Signal dagegen entstand demnach durch die mathematische Aufbereitung der Daten des Teleskoparrays ALMA. Die Gruppe um Villanueva empfiehlt den Fachleuten hinter der Originalveröffentlichung deswegen, ihren Artikel zurückzuziehen.

In der ursprünglichen Veröffentlichung nutzte die Gruppe um Jane Greaves von der Cardiff University Daten des James Clerk Maxwell Telescope (JCMT) und des Interferometers ALMA, um eine spezifische Absorption durch das Gas aufzuspüren. Bereits in der Originalveröffentlichung merken Greaves und ihr Team an, dass SO2 in einem ähnlichen Wellenlängenbereich absorbiert, bewerten diesen Effekt jedoch als zu schwach, um die Messung zu stören. Das sieht Villanueva anders. Laut der Analyse seines Teams ist die Auflösung der JCMT-Daten nicht gut genug, um beide Gase auseinanderzuhalten – und die Venusatmosphäre enthalte genug von dem Gas, um die Messung mit dem Teleskop zu erklären.

Beim zweiten Datensatz, den ALMA-Messungen von 2019, sieht das Team ein anderes Problem. Da ALMA ein Interferometer ist, müssen die Daten der einzelnen beteiligten Empfänger mathematisch zusammengeführt werden. Das sei besonders bei einer sehr hellen und räumlich ausgedehnten Quelle wie der Venus »relativ komplex«, heißt es in dem Kommentar. Die als »fringe« bezeichneten Fehler, die durch diesen Effekt entstünden, hätten außerdem genau die gleiche Breite wie das vermeintliche Signal durch Phosphan.

Das ALMA-Teleskopteam hatte bereits zuvor festgestellt, dass es möglicherweise Probleme mit der mathematischen Aufbereitung der Daten gegeben hatte. Die Daten waren deswegen Mitte Oktober für eine neue Analyse vorübergehend zurückgezogen worden. In der neuen Aufbereitung der ALMA-Daten seien nicht nur weniger »fringes« entstanden, berichtet die Arbeitsgruppe, auch das vermeintliche Phosphan-Signal sei dabei verschwunden. Zudem passe das verwendete Modell der Venusatmosphäre schlicht nicht zu den Ergebnissen. »Wir laden das Team um Greaves ein, seine Veröffentlichung zu überarbeiten und in Betracht zu ziehen, sie zu korrigieren oder zurückzuziehen«, heißt es in dem Kommentar.

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