Direkt zum Inhalt

News: Keine Beweise für 'Elektrosmog'

Bei dem Wort 'Elektrosmog' scheiden sich die Geister. Für die einen stellen elektromagnetische Felder durch Stromleitungen eine akute Gefahr für unsere Gesundheit dar, die anderen halten das schlicht für Unsinn. Entsprechend hitzig verlaufen die Diskussionen. Laut einer neuen Studie britischer Krebsforscher gibt es keinen Zusammenhang zwischen Elektrizität und Krebs.
Über Existenz oder Nicht-Existenz von "Elektrosmog" streiten sich die Wissenschaftler schon seit über 20 Jahren. Unterstützung bekamen die warnenden Stimmen durch eine epidemiologische Studie der University of Bristol, nach der Lungenkrebs überdurchschnittlich häufig bei Menschen in Südwestengland auftrat, die in einem Abstand von 400 Metern zu einer Hochspannungsleitung lebten. Der Physiker Dennis Henshaw von derselben Universität erklärte dieses Phänomen folgendermaßen: Die elektrischen Felder der Hochspannungsleitungen ionisieren umherfliegende Staubteilchen. Atmen die Anwohner die Teilchen ein, bleiben diese auf Grund ihrer Ladung eher in der Lunge hängen und können hier Krebs verursachen. Henshaw schätzte den Anstieg des Krebsrisikos auf 29 Prozent ein – damit wären Hochspannungsleitungen ebenso gefährlich wie der Straßenverkehr. Seine These blieb heftig umstritten.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, schlossen sich Krebsforscher aus ganz Großbritannien zusammen und suchten in England, Schottland und Wales nach einem Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Krebserkrankungen bei Kindern – insbesondere von Leukämie und Tumoren im Zentralnervensystem – und der Nähe von elektromagnetischen Feldern – seien es Hochspannungsleitungen, Untergrundkabel oder Verteileranlagen. Sie sammelten die Daten von 3380 an Krebs erkrankten sowie von 3390 gesunden Kindern und verglichen die Erkrankungsraten von Kindern, die in einer Umgebung mit relativ hohen magnetischen Feldern von mehr als 0,2 Mikrotesla lebten, mit denen, die einer Feldstärke von weniger als 0,1 Mikrotesla ausgesetzt waren.

In ihrer jetzt vorliegenden Studie (British Journal of Cancer vom Dezember 2000, Abstract) schreiben die Wissenschaftler: "Es gab keinen Hinweis, dass in Großbritannien die Nähe zu elektrischen Installationen oder zu den von ihnen produzierten magnetischen Feldern mit einem erhöhten Risiko für kindliche Leukämie oder irgendeiner anderen Krebserkrankung zusammenhängt." Weder bei Kindern, die im Abstand von 50 Metern zu einer Hochspannungsleitung lebten, noch bei denen, die erhöhten magnetischen Feldstärken ausgesetzt waren, gab es signifikant mehr Leukämiefälle.

Damit bestätigen sich vorläufige Ergebnisse, welche die Wissenschaftler unter der Federführung von Nick Day von der University of Cambridge letztes Jahr veröffentlichten (The Lancet vom 4. Dezember 1999). Gleichzeitig berichtete John Dockerty von der University of Oxford zusammen mit neuseeländischen Kollegen in derselben Zeitschrift von einer Studie über elektromagnetische Felder und Leukämie bei Kindern in Neuseeland. Auch hier fanden die Wissenschaftler keinen Zusammenhang. Beide Arbeiten wurden jedoch kritisiert, insbesondere wegen der geringen Anzahl der untersuchten Kinder, die hohen Feldstärken von mehr als 0,2 Mikrotesla ausgesetzt waren. "Obwohl die Studie sehr umfangreich und gut durchgeführt ist", meinte damals Michael Repacholi von der WHO, "ist sie nicht die 'definitive' Studie, die sich viele Wissenschaftler erhofft haben."

Jetzt muss sich die neue Studie der britischen Forscher der Diskussion stellen. John Toy vom Imperial Cancer Research Fund hofft, mit den vorliegenden Ergebnissen Eltern beruhigen zu können, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen leben. Er weist jedoch darauf hin, dass Krebs durch viele unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden kann: "Krebs bei Kindern ist eine sehr leidvolle Krankheit. Trotz der inzwischen erhöhten Überlebensraten ist es dringend nötig, dass wir die Ursachen finden."

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.