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News: Kernfrage

Die Laven der hot-spot-Vulkane Hawaiis und Sibiriens zeichnen sich durch ungewöhnlich hohe Osmiumkonzentrationen aus. Manche Forscher glauben deshalb, dass ihre Magmenkammern in großer Tiefe, aus der Nähe des Erdkerns stammen. Eindeutig aus dieser Tiefe hervor gehobene Gesteine aus dem Nordwesten der USA stützen diese These.
Osmiumreiche Einschlüsse
Osmium, ein Metall der Platin-Gruppe, ist extrem selten. In den Gesteinen der Erdkruste sind im Durchschnitt nur ein Zehntausendstel Gramm Osmium pro Tonne enthalten - weltweit werden in jedem Jahr nur rund 60 Kilogramm davon gefördert. Weil es so hart ist, kommt es beispielsweise in Injektionsnadeln und teuren Füllfederhaltern zum Einsatz.

Das Metall ist deshalb so rar, weil es überaus siderophil (sideros, griech.: Eisen) ist, also eine besonders hohe Affinität zum Eisen aufweist. Relativ hohe Konzentrationen des Platinmetalls finden sich deshalb in Eisen-Meteoriten und - so vermuten die Forscher jedenfalls - im Erdkern, der ja eine ähnliche Zusammensetzung haben soll, wie jene Meteoriten.

Nun wird die direkte Erkundung des Erdkerns wohl für immer ein Traum bleiben. Die tiefste Bohrung der Erde reichte gerade ein Dutzend Kilometer in die Erdkruste - während der Erdkern in einer Tiefe von über 2900 Kilometern liegt.

Immerhin: Wie in den Meteoriten, finden sich auch in vulkanischen Laven von Hawaii und Sibirien ungewöhnlich hohe Gehalte der Osmiumisotope 186Os und 187Os, was viele Forscher vermuten lässt, die Magmen dieser Vulkane hätten ihren Ursprung in der Nähe der Mantel-Kern-Grenze.

Hier wie da handelt es sich um so genannte hot-spot-Vulkane, die sich über einer stationären Magmenquelle ausbilden. Da sich die Kontinentalplatten ständig gegeneinander verschieben, entstehen an der Erdoberfläche perlschnurartig neue Vulkane - ganz so, als führte man ein Blatt Papier über eine Kerzenflamme. Die typische Vulkankette Hawaiis ist so entstanden.

Andere Forscher bezweifeln indes, dass die Magmen der hot-spot-Vulkane aus der Nähe des Erdkerns stammen. Sie vermuten viel flachere Quellen in nur etwa 100 Kilometern Tiefe.

Des Rätsels Lösung liegt womöglich weder in Hawaii noch in Sibirien, sondern in den Klamath-Bergen, die sich vom Norden Kaliforniens bis in den Südesten Oregons ziehen. Dort finden sich Gesteine, die von den plattentektonischen Kräften aus großer Tiefe an die Erdoberfläche gelangten. Ihre chemische Zusammensetzung zeugt eindeutig von ihrer Herkunft aus dem unteren Erdmantel unweit der Grenze zum Erdkern.

Sollten diese Gesteine ähnliche Verhältnisse der beiden Osmiumisotope aufweisen, dann wäre das wohl der Beweis, dass sich auch die hot-spot-Vulkane Hawaiis und Sibiriens aus tiefen, erdkernnahen Quellen nähren.

Und so machten sich Anders Meibom von der Stanford University und Robert Frei von der University of Copenhagen daran, in den Gesteinen der Klamath-Berge nach Osmium zu suchen. Mithilfe modernster Analysentechnik stießen sie dabei auf erbsengroße Einschlüsse mit hohen Osmiumkonzentrationen, deren Isotopenzusammensetzungen tatsächlich ziemlich genau denen der hot-spot-Vulkane entsprechen.

Während Meibom und Frei bei der Interpretation eher Vorsicht walten lassen und auch eine Quelle in höheren Schichten des Erdmantels nicht ausschließen, gibt es für Quentin Williams von der University of California in Santa Cruz keinen Zweifel, dass die Laven aus Hawaii und Sibirien den gleichen Ursprung haben, wie jene Osmium-reichen Einschlüsse in den Gesteinen der Klamath-Berge: die Basis des Erdmantels.

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