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Covid-19: Kinder womöglich so ansteckend wie Erwachsene

Ein Team um den Virologen Christian Drosten hat die Viruslast von Kindern im Hals getestet. Laut der vorab veröffentlichten Studie ist »kein signifikanter Unterschied« zu Erwachsenen festzustellen.
Kinder spielen im Kindergarten mit Knete.

Haben Kinder weniger Coronaviren im Rachen als Erwachsene? Die Antwort auf diese Frage könnte mit darüber entscheiden, ob Kitas und Schulen wieder vermehrt öffnen dürfen. Nun schließen der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité und sein Team aus ihren Daten, dass Kinder wohl eine ähnliche Viruslast wie Erwachsene haben. »Deswegen warnen wir derzeit vor einer unbeschränkten Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten«, schreiben sie. Das Paper haben die Autorinnen und Autoren auf der Seite der Charité vorab veröffentlicht.

Die eigentliche Ausgangsfrage lautete, inwieweit Kinder ansteckend sind. Doch mit epidemiologischen Daten könne man das wegen der Social-Distancing-Maßnahmen derzeit nicht beantworten, schreiben Drosten und seine Kollegen. Hingegen könne die Viruskonzentration im Atemtrakt als Indiz dienen. Das Forschungsteam untersuchte deshalb die Viruslast im Rachen von 3712 Coronafällen – 6,2 Prozent der rund 60 000 Personen, deren Abstriche im Testlabor der Berliner Charité bis zum 26. April auf das Coronavirus getestet wurden.

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Sie unterteilten die positiven Fälle einmal in Altersgruppen von 1 bis 10 Jahre, 11 bis 20 und so weiter, bis hin zu 91 bis 100 Jahre. Zum zweiten bildeten sie Kategorien nach den typischen Altersgruppen für Kindergarten, Grundschule, weiterführende Schulen, Studium sowie Erwachsenen bis 45 und ab 46 Jahre. Dann verglichen sie die durchschnittliche Viruslast aller Gruppen einzeln miteinander. Ein einziger Unterschied schaffte es knapp über die übliche statistische Grenze: der zwischen den Kindergartenkindern und den Erwachsenen ab 46 Jahren – wie erwartet mit einer höheren Viruslast seitens der Älteren. Doch insgesamt unterscheide sich die Viruslast der Jüngsten und der Erwachsenen in den vorliegenden Proben nicht bedeutsam voneinander, schreiben Drosten und seine Kollegen. »Kein signifikanter Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen«, twitterte Drosten am Mittwochabend.

Die Studie steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Stichprobe mit knapp 50 Kindern unter zehn Jahren nicht allzu groß war. Auch deshalb ist die Schlussfolgerung, dass sich die Viruslast von Kindern und Erwachsenen nicht unterscheidet, methodisch gesehen etwas zu großzügig. In seinem NDR-Podcast hatte Drosten selbst angemerkt, dass solche Unterschiede in epidemiologischen Untersuchungen schwer zu belegen sind. »In den Fallgruppen, die man zusammenstellt, sind immer zu wenig Kinder drin.«

In klinischen Studien seien Kinder häufig unterrepräsentiert; sie würden mangels Symptomen oder wegen milder Verläufe gar nicht erst als Fälle erkannt, schreiben auch die Autoren in ihrer aktuellen Studie. Daraus könne man aber nicht schließen, dass Kinder weniger ansteckend seien: Sie könnten dennoch Viren verbreiten. »Das Ansteckungspotenzial in Schulen und Kindergärten sollte mit Blick auf die Infektiosität genauso beurteilt werden wie bei Erwachsenen«, lautet deshalb ihr Fazit. Eine Überprüfung der Daten steht noch aus.

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