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Medikamente in der Schwangerschaft: Kleine Babys bekommen mehr ab

In der Schwangerschaft wirken sich Medikamente auch auf das Ungeborene aus. Vor allem, wenn der Nachwuchs nur langsam wächst und leicht ist, kann das problematisch sein.
Medikamente, die eine Frau während der Schwangerschaft einnimmt, wirken auch auf das Baby

Eine Schmerztablette, Blutdrucksenker oder ein Mittel gegen die Übelkeit: Auch Schwangere nehmen Medikamente ein. Weil jedoch die Schwangerschaft den Stoffwechsel in vielfältiger Art und Weise verändert, können Arzneimittel anders wirken als sonst – sowohl auf die werdende Mutter als auch auf das ungeborene Kind. Denn über die Plazenta können die Wirkstoffe in dessen Blutkreislauf gelangen.

In einem aktuellen Übersichtsartikel in der Fachzeitschrift »Placenta« hat ein Team um die Physiologin Janna Morrison von der University of South Australia den bisherigen Kenntnisstand zusammengefasst. Insbesondere geht es dabei um Babys, die im Mutterleib nicht normal wachsen. Als normal gilt ein Geburtsgewicht zwischen 2800 und 4200 Gramm. Doch eines von sieben Kindern, die weltweit geboren werden, wiegt weniger als 2500 Gramm.

Von Medikamenten, die eigentlich für die Mutter bestimmt sind, bekommen Ungeborene dadurch möglicherweise zu viel ab: »Wenn eine Mutter 20 Milligramm eines Medikaments einnimmt und der Fötus kleiner ist, stellt das eine höhere Dosis dar als bei einem normal großen Baby«, sagt Studienautorin Morrison in einer Pressemitteilung ihrer Universität.

Früher dachte man, dass die Plazenta – auch Mutterkuchen genannt –, die den Nährstoff- und Sauerstofftransport zwischen Mutter und Kind ermöglicht, sämtliche Medikamente herausfiltert und entsorgt. Spätestens seit das Schlafmittel Contergan in den 1960er Jahren schwere Schäden bei Neugeborenen verursachte, weiß man, dass dem nicht so ist. Zwar gibt es in der Plazenta Proteine, die Wirkstoffe abbauen oder nach draußen befördern und somit vom kindlichen Blutkreislauf fernhalten. Dennoch können die Medikamente, die eine Frau einnimmt, dem Kind schaden – insbesondere, wenn die Plazenta nicht voll funktionsfähig ist, vermuten die Wissenschaftler. Bisherige Experimente an Zellkulturen und Tiermodellen deuten in diese Richtung.

Häufig steckt eine Schädigung der Plazenta dahinter, wenn der Fötus ungewöhnlich klein ist. Das kann damit zusammenhängen, dass die Mutter unterernährt ist, raucht oder in großer Höhe lebt. Das nährstoff- und sauerstoffreiche Blut wird dann vor allem in den Kopf des Babys gepumpt; die anderen Organe kommen zu kurz. Im weiteren Leben haben die Menschen ein erhöhtes Risiko für Diabetes, Herzkrankheiten, Stoffwechselkrankheiten oder ein schwaches Immunsystem. Manchmal sind sie bereits im Mutterleib auf Medikamente angewiesen.

»Wir sind der Meinung, dass noch mehr getan werden muss, um die Wechselwirkungen zwischen Schwangerschaft, fötalem Wachstum und Medikamenten besser zu verstehen. Dann wäre es möglich, die richtigen Dosierungen sowohl für die Mutter als auch für das ungeborene Kind zu finden«, sagt Morrison.

Für den umgekehrten Fall heißt es: Schwangeren, deren Fötus eine Wachstumsverzögerung aufweist, wird beispielsweise empfohlen, Kortikosteroide einzunehmen, um die Entwicklung der kindlichen Lunge zu unterstützen. Bestimmte Leberenzyme sind bei Schwangeren aber meist aktiver als bei anderen Menschen. Die Wirkstoffe werden darum schneller abgebaut, und das Kind bekommt unter Umständen gar nicht genug davon ab.

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