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News: Klempnern in der Mikrowelt

Nicht nur Handys und Computerchips werden immer kleiner. Sogar ganze Chemiefabriken sollen auf Miniaturgröße schrumpfen. Das ist zumindest die Vision der Forscher. Die dafür notwendigen Röhren können sie immerhin schon jetzt verlegen.
Die komplexesten Chemiefabriken hat nicht der Mensch erbaut, sondern die Natur. Der menschliche Körper ist ein gutes Beispiel dafür. Je nach Bedarf stellt er auf kleinstem Raum eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Substanzen her.

Um eine vergleichbare Leistung auf künstlichem Wege zu erreichen, bedarf es gleich eines ganzen Maschinenparks, dessen Abgase und Abfälle unter Umständen die Umwelt belasten. Zudem repariert sich der Körper sogar im Gegensatz zu Maschinen größtenteils selbst.

Wäre es also nicht wünschenswert, diese Meisterleistung der Natur nachzuahmen? Möglicherweise haben Daniel Therriault, Scott White und Jennifer Lewis von der University of Illinois in Urbana-Champaign eine Möglichkeit gefunden, einfache aber gleichwohl wichtige Bestandteile einer solchen zukünftigen Chemiefabrik herzustellen: die Rohre.

Dafür griffen die Forscher zunächst einmal zur Spritze. Diese füllten sie mit der Paste eines organischen Farbstoffs und dekorierten damit – ähnlich wie ein Konditor seinen Kuchen – eine Unterlage aus Teflon mit einem zwei-dimensionalen Muster. Nur führte ein Roboter und kein Mensch die Spritze. Schließlich musste die Federführung bei einer Liniendicke zwischen 10 bis 300 Mikrometern ganz exakt sein.

Wenn dann eine Lage fertig war, wurde die nächste einfach darauf gesetzt. So entstand Schicht um Schicht ein dreidimensionales Gerüst. Dieses wurde dann mit Epoxidharz ummantelt und nach dem Aushärten erhitzt. Die Farbe verflüssigte sich dabei und ließ sich so leicht entfernen.

Im letzten Fabrikationsschritt haben die Forscher schließlich das so erzeugte Netzwerk aus Röhren und Kanälen mit einem Harz gefüllt, das unter Lichteinwirkung aushärtet. "Das Material wurde dann an bestimmten Stellen abgedeckt und mit UV-Licht bestrahlt", erläutert Lewis das Verfahren. "So wurden ausgewählte Kanäle verstopft." Das überflüssige Harz ließ sich absaugen, und übrig blieben lediglich die gewünschten Leitungen.

Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler zum Beispiel einen winzigen 16-lagigen rechteckigen Turm bauen, der nur aus sich im Zick-Zack empor windenden Leitungen bestand. Dieses Gebilde ist nicht nur ästhetisch sondern auch nützlich. Denn als die Forscher zwei unterschiedliche gefärbte Flüssigkeiten in die Struktur hineinfließen ließen, stellten sie fest, dass diese sich außerordentlich gut vermischten.

"Die Flüssigkeiten werden im Turm gezwungen, scharfe Kurven zu nehmen, und die Trennschicht zwischen den beiden Substanzen wird dabei übereinander gefaltet", erklärt White das Phänomen. "So werden die Materialien schon nach einer kurzen Strecke gut durchmischt."

Doch das soll erst der Anfang sein. Mit der neuen Methode lasseen sich vermutlich auch winzige "Chemiefabriken" herstellen, die auf einen Computerchip passen. Und Netzwerke aus winzigen Mikro-Gefäßen könnten zudem die Selbstheilungskräfte künstlicher Materialien erheblich verbessern.

"Bisher verteilen wir Mikrokapseln mit heilenden Substanzen im ganzen Material. Wenn irgendwo ein Schaden auftritt, platzen die Hüllen auf, und die Stelle wird repariert. Tritt der Schaden aber wiederholt auf, könnten die Kapseln irgendwann zur Neige gehen", meint White.

"Wenn allerdings ein Geflecht an Kanälchen das Material durchzieht, lässt sich das Reparaturmittel immer im ausreichenden Maße an die Stellen bringen, wo es benötigt wird." Genauso also, wie es Kapillaren im menschlichen Körper tun.

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