Versunkene Hochkultur: Klima leitete den Niedergang der Induszivilisation ein
Die Induskultur gilt als eine der frühesten Hochkulturen der Erde: Im Nordwesten des indischen Subkontinents hatten Menschen im 3. Jahrtausend v. Chr. eine noch teils rätselhafte Zivilisation und große Städte im riesigen Gebiet zwischen Himalaja und Arabischem Meer errichtet und die Landwirtschaft so perfektioniert, dass sie eine große Bevölkerung ernähren konnte. Nach ihren bescheidenen Anfängen und einer langen, blühenden Hochphase ging die urbane Kultur um den Hauptort Harappa dann aber recht plötzlich etwa 2000 v. Chr unter. Lange war unklar, was die Schuld an dem Niedergang trug. Nun zeigen Forscherinnen um Yama Dixit von der University of Cambridge, dass das lokale Klima sich um 4100 v. Chr plötzlich verändert hat [1] – und bestätigen so eine Theorie, nach der vor allem eine über Jahrhunderte andauernde Abschwächung des Monsuns in der Region die Lebensgrundlage des Reiches zerstörte.
Schwacher Monsun trocknet die Landwirtschaft aus
Schon vor einiger Zeit haben Paläoklimaforscher ermittelt, dass sich der indische Sommermonsun über dem Arabischen Meer vor gut 4000 Jahren recht plötzlich über einige Jahrzehnte hinweg abgeschwächt hatte [2]. Bis dato war aber nicht genau untersucht worden, wie sich diese überregionale Veränderung lokal im Siedlungsgebiet der Induskultur ausgewirkt hat. Dies haben Dixit und Kolleginnen nun nachgeholt: Sie analysierten die Sedimente und Weichtierschalen des längst verschwundenen Kotla-Dahar-Sees. Er liegt 75 Kilometer südwestlich von Delhi und damit innerhalb der alten Ausbreitungszone der Harappa. Die Daten von Sauerstoffisotopen in den Schneckenkalkschalen des alten Sees belegen, dass der Monsunausfall tatsächlich auch im Indusgebiet deutliche Folgen hatte: Mit dem schwächeren Monsun fiel immer weniger Regen, und das Gewässer trocknete nach und nach aus und versalzte.
Die Klimaveränderung ereignete sich in dem Zeitfenster des Niedergangs der Induskultur: Archäologische Daten – allerdings mit einer Messungenauigkeit von womöglich plus/minus 300 Jahren behaftet –, legen nahe, dass die urbane Phase der Harappa um 2000 v. Chr. und spätestens vor 3900 Jahren beendet war. Die Erkenntnisse deuten ein Endzeitszenario an, bei dem die auf Landwirtschaft basierende Kultur in Folge ausbleibender Niederschläge zusammenbrach. Vermutlich büßten die Herrscher der Städte ihre Legitimation bei der Bevölkerung ein, die nicht mehr ernährt werden konnte. In den Jahrhunderten nach der Klimakatastrophe dezentralisierte sich die übrig gebliebene Restzivilisation; es entstanden nun nur noch kleinere Ansiedlungen. Spätestens ab 1500 bis 1300 v. Chr. war die Induskultur ganz verschwunden. Sie hinterließ nichts als Ruinen und eine bis heute rätselhafte (Proto-)Schrift. In Nordindien erhob sich erst später die vedische Kultur mit einer eigenständigen Traditionslinie ohne nachweisbaren Bezug zum untergegangenen Harappa-Reich.
Klimawandel mit globalen Folgen
Die Veränderungen des Monsuns in Südasien vor 4000 Jahren dürften im Zusammenhang mit Phänomenen gestanden haben, die das globale Wettergeschehen mitbestimmen – etwa dem Indischen Ozean Dipol, einer Meeresoberflächentemperaturanomalie, und der El Niño – Southern Oscillation. Womöglich lassen sich über annähernd gleichzeitige Klimaveränderungen die Entwicklungen in Indien mit weit entfernten Regionen korrelieren. So war etwa spekuliert worden, dass der globale Klimaprozess auch im Zweistromland zum Untergang der Sumerer geführt haben könnte. Dieser Niedergang von Sumer ereignete sich nach Stand der Forschung allerdings wohl rund zwei Jahrhunderte früher. So bleibt die Hypothese fraglich, nach der der gleichzeitige Untergang von Sumer und Harappa sich gegenseitig beschleunigt hat, weil beide Kulturen mit der jeweils anderen auch einen wichtigen Handelspartner verloren haben.
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