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News: Klimaerwärmung fördert Zecken

Die Klimaerwärmung sorgt nicht nur für steigende Meeresspiegel oder schmelzende Gletscher, sie bewirkt auch, dass sich Krankheiten ausbreiten können, deren Überträger von bestimmten Temperaturbedingungen abhängen. So ist in Schweden die Zahl der Krankheitsfälle von Frühsommer-Meningo-Enzephalitis seit Mitte der 80er Jahre gestiegen - gleichzeitig mit zunehmend milden Wintern und zeitigerem Frühjahrsbeginn. Eine statistische Analyse zeigt, dass bestimmte Temperaturverhältnisse in aufeinanderfolgenden Jahren die Entwicklung der Zecken fördern und damit das Infektionsrisiko erhöhen können.
Wer im Frühling und Sommer gern durch Wiesen, Wald und Felder streift, kann sich in manchen Gebieten unangenehme Reisegenossen einfangen: Zecken. Dabei ist es weniger bedeutsam, dass sie unser Blut saugen, als vielmehr die Gefahr, dass sie Krankheiten übertragen. Denn Ixodes ricinus, der Holzbock, beherbergt gelegentlich Flaviviren, die beim Menschen die so genannte Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) auslösen können.

Dabei ist die Gefahr nicht überall gleich groß, besonders riskant sind vor allem die so genannten Endemiegebiete, zu denen beispielsweise Teile des Schwarzwaldes gehören: Dort kann etwa jeder 25. bis 100. Zeckenbiss eine Infektion verursachen. Jährlich treten etwa 100 bis 300 diagnostizierte Krankheitsfälle auf. Doch 1994 stieg diese Zahl in Baden-Württemberg und Bayern stark an, und auch in Schweden verzeichneten die Gesundheitsbehörden in der Region um Stockholm deutlich mehr Krankheitsfälle als üblich. Da dieser Landstrich ebenfalls als Endemiegebiet gilt, erfassen die Behörden dort die Zahl der Fälle seit den späten 50er Jahren kontinuierlich.

Damit existiert eine hervorragende Datenbasis, um das Auftreten von FSME-Fällen mit der Klimaerwärmung zu vergleichen. Denn seit Mitte der 80er Jahre sind nicht nur die Winter in Schweden immer milder, und der Frühling kommt immer früher, auch die Zahl der Erkrankungen ist gestiegen. Also machten sich Elisabet Lindgren und Rolf Gustafson von der Stockholm University auf die Suche nach einem statistischen Zusammenhang zwischen verschiedenen Klima-Parametern und der Häufigkeit von Zecken, die sie aus der Zahl der Krankheitsfälle ableiteten. Dabei berücksichtigten sie für die jeweiligen Fälle pro Jahr nicht nur die Bedingungen desselben Jahres, sondern auch des Vorjahres, da die Tiere eine mehrjährige Entwicklung durchlaufen.

Und sie wurden fündig – eine Kombination von fünf Klimafaktoren ist eng mit dem Auftreten von FSME-Erkrankungen verknüpft: Zwei milde Winter nacheinander, im Vorjahr ein milder Frühling mit Temperaturen von acht bis zehn Grad Celsius und ein ausgedehnter Herbst bei fünf bis acht Grad Celsius sowie Frühlingstemperaturen von fünf bis acht Grad Celsius im Berichtsjahr. Diese Temperaturverhältnisse wirken sich vor allem positiv auf das Entwicklungsstadium der Nymphen aus, denn sie ermöglichen ihnen eine ungestörte Entwicklung im Frühjahr und erhöhen die Überlebenschancen im Herbst. Und gerade dieses Entwicklungsstadium ist für die meisten Infektionen verantwortlich.

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass der Anstieg der FSME-Fälle tatsächlich mit der Klimaerwärmung zusammenhängt. Noch dazu mögen nicht nur die Zecken einen zeitigen Frühling oder einen schönen Herbsttag mit warmen Temperaturen – auch ihre begehrten Wirte, die Menschen, sind dann vermehrt draußen unterwegs. Und das erhöht die Gefahr eines Zeckenbisses natürlich ebenfalls.

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  • Quellen
The Lancet 358: 16–18 (2001)

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