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Klimagipfel auf Bali: Klimakonferenz in Bali schleppte sich zum Durchbruch

Es ist vollbracht. Mit Verspätung hatte die Weltklimakonferenz eine Einigung erzielt. Der Durchbruch kam, nachdem am Samstagnachmittag die US-Delegation ihren Widerstand gegen die im Text vorgesehene Aufgabenverteilung bei der Bekämpfung des Klimawandels zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern aufgegeben hatte.
Klimakonferenz Bali
Ein Kompromiss wurde auch im Streit zwischen den USA und der EU über die Nennung fester Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase für die Industrieländer erzielt. Damit steht die Bali Roadmap, die den Weg und die Richtung der Verhandlungen über ein neues internationales Klimaschutzabkommen vorgibt. Über die Details sollen sich die über 180 Staaten in den kommenden zwei Jahren einig werden. Das neue Klimaschutzabkommen soll auf der Weltklimakonferenz 2009 in Kopenhagen unterschriftsreif sein.

Die Europäische Union stellte sich ausdrücklich hinter den Kompromiss. "Wir unterstützen diesen Text", erklärte im Abschlussplenum Portugal, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat. In der Bali Roadmap wird die Zahl "25 bis 40 Prozent bis 2020" nicht genannt. Das ist ein Wermutstropfen für die EU, die konkrete Zahlen als Ziele im Text sehen wollte. Stattdessen gibt es nur einen Hinweis auf die Ergebnisse des Klimarats (IPCC), der diese Zielmarke nennt und eine Fußnote mit Quellenangabe. Umweltminister Sigmar Gabriel sagte: "Das ist mehr, als wir erwartet, aber weniger als wir uns gewünscht haben." Die Bali Road Map sei aber ein guter Ausgangspunkt für die Verhandlungen eines neuen Klimavertrags bis 2009: "Wichtig ist, dass die USA dabei sind."

Umweltorganisationen reagierten verhalten auf das Ergebnis von Bali. Greenpeace und der WWF kritisieren, der Kompromiss sei nicht "nicht substanziell genug". Die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam hob hervor, dass erstmalig alle Entwicklungs- und Industrieländer im Grundsatz einem globalen Klimaabkommen zugestimmt haben. "Bali hat zum ersten Mal für alle Länder eine Roadmap gezeichnet", betont Antonio Hill, Oxfam-Klimaexperte. Unisono verurteilten die Nichtregierungsorganisationen die Blockadehaltung der USA, aber auch Russlands, Australiens, Japans und Kanadas. Regine Guenther vom WWF-Deutschland äußerte jedoch die Zuversicht, dass es nach den Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr einen klimapolitischen Wandel in den USA geben wird. "Diese Wende wird auch Länder wie Japan, Kanada und Australien zum Umdenken bringen", hofft Guenther.

Im Grundsatz haben sich die über 180 Länder in Bali auf einen Technologietransfer geeinigt. Beschlossen wurde auch die Einrichtung eines Adoptionsfonds. An diese beiden Elemente der Bali Roadmap hatten die Entwicklungs- und Schwellenländer ihre Bereitschaft geknüpft, Beiträge zur Senkung ihrer Treibhausgasemissionen zu leisten. Sie waren aber nicht bereit, feste Reduzierungsziele zu akzeptieren. Ihre Forderung, der Kampf gegen den Klimawandel dürfe ihr Wirtschaftswachstum als wesentliches Instrument der Armutsbekämpfung nicht gefährden, wird sowohl von der EU als auch den großen Umwelt- und Entwicklungshilfeorganisationen unterstützt. Statt dessen soll die Bekämpfung des Klimawandels durch "messbare, nachvollziehbare und verifizierbare national angemessene Ziele oder Aktionen erfolgen", heißt es im Abschlussdokument.

Tränen, eindringliche Appelle und der persönliche Einsatz von Indonesiens Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hatten zuvor dramatische Dynamik in die Klimakonferenz in Bali gebracht. Die Konferenz sollte planmäßig am Freitagnachmittag zu Ende gehen. Die unnachgiebige Haltung der USA in den wesentlichen Fragen von festen Zielgrößen zur Reuzierung von Treibhausgasen durch die Industriestaaten und freiwillige Beiträge der Entwicklungs- und Schwellenländer hatten jedoch zum Stillstand geführt.

Um die Klimaverhandlungen vor dem Scheitern zu bewahren, waren am Samstagmorgen Ortszeit Susilo Bambang Yudhoyono und Ban Ki-moon überraschend wieder nach Bali gekommen. Susilo Bambang Yudhoyono nannte es eine "moralische Verpflichtung", die Klimakonferenz zum Erfolg zu bringen. "Die Welt beobachtet uns", mahnte der Präsident die Delegierten. Ban Ki-moon lobte die harte Arbeit der Delegierten seit Beginn des High Segment Levels der Umweltminister. Jetzt sei es an der Zeit, die "letzte Meile" zu gehen und mit Flexibilität und Kompromissbereitschaft die Konferenz zum Erfolg zu bringen. Ohne die USA als Hauptblockierer der Konferenz beim Namen zu nennen, mahnte der UN-Generalsekretär: "Die wissenschaftlichen Realitäten verlangen von größten Ehrgeiz…Keine Delegation kann alles bekommen, was sie erreichen will. Jeder muss im Geiste gegenseitigen Respekts und der Flexibilität Kompromisse machen."

Nach einer Nachtsitzung sah es am frühen Samstagmorgen für einen Augenblick so aus, als sei eine Bali Roadmap für die Verhandlungen eines neuen internationalen Klimaabkommens bis 2009 in greifbarer Nähe. Im Plenum der Verhandlungsdelegationen aus über 180 Länder aber brachen die Konflikte neu aus und neue kamen hinzu. Die USA weigerten sich weiter, den Entwicklungsländern zuzugestehen, keine feste Verpflichtungen zur Kappung ihrer Treibhausgasemissionen einzugehen. China lehnte den in der Nachtsitzung gefundenen Konsens wegen "Verfahrensfragen" ab und verlangte von der Konferenzleitung eine Entschuldigung. Unter Tränen sagte am frühen Samstagnachmittag Yvo De Boer, Exekutivsekretär des UN-Klimasekretariats, als er die Plenarsitzung anberaumt habe, sei ihm nicht bewusst gewesen, dass zur gleichen Zeit noch Arbeitsgruppen der Entwicklungsländer getagt hätten. Die Vertreterin von Costa Rica erhielt Riesenapplaus, als sie nach De Boers emotionalen Auftritt dem Klimasekretariat und Yvo De Boer ihr Vertrauen aussprach.

Der Durchbruch am Ende der zweiwöchigen Konferenz kam, nachdem die USA in nie zuvor bei einer UN-Konferenz erlebten Weise offen im Plenum von anderen Ländern kritisiert worden war. Als am frühen Samstagnachmittag US-Delegationbsleiterin Paula Dobrinsky ein weiteres Mal Mehrheitskompromisse zur Einbeziehung der Entwicklungsländer in die Bekämpfung des Klimawandels als nicht weit gehend genug abgelehnt hatte, wurde sie von der Mehrheit der Regierungsdelegationen ausgebuht und ausgepfiffen. Riesenapplaus hingegen erhielt ein Sprecher der Delegation Südafrikas, der den Entwicklungsländern und auch der EU aus dem Herzen sprach: "Die Haltung der USA ist absolut nicht willkommen und kann nicht akzeptiert werden." Das war der Durchbruch. Zehn Minuten später gaben die USA nach. Dobrinsky erklärte, den "Konsens" in der Bali Roadmap zu akzeptieren.

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