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News: Klimamodell für einen 'Schneeball'

Klimaschwankungen sind nichts Neues, und sie sind für das Leben auf der Erde auch schon vor einigen Milliarden Jahren zum Problem geworden. Nur gab es damals noch niemanden, der sich darüber den Kopf zerbrochen hat. Einige Rätsel aus dem Erdaltertum haben Wissenschaftler nun vielleicht gelöst: Eines davon ist das 'Problem der schwach leuchtenden jungen Sonne', wonach es im Archaikum trotz geringer Sonneneinstrahlung sehr warm war. Dem zweiten zufolge soll die Erde gleich dreimal einem Schneeball geglichen haben, weil sie komplett vereist war. Ein Forscher versucht, diese Klimaschwankungen mit einer um 70 Grad geneigten Erdachse zu erklären, denn das hätte eine ganz andere Sonneneinstrahlung zur Folge, als wir sie heute haben.
Junge Sterne leuchten schwächer als ältere. Dabei macht die Sonne keine Ausnahme, und trotzdem war es im Archaikum, vor 3,8 bis 2,5 Milliarden Jahren, sehr heiß – ein Phänomen, das sich die Wissenschaftler bisher mit einer großen Menge Treibhausgase, wie Kohlendioxid und Methan, erklärt haben. In dem anschließenden Proterozoikum soll hingegen der Äquator vereist gewesen sein. Das konnte aber bisher nur damit erklärt werden, daß dabei die gesamte Erdoberfläche vergletschert war, und zwar insgesamt dreimal. Allerdings weiß niemand, wie nach drei so extremen Härteperioden das Leben auf unserem Planeten weiter existieren konnte. Gregory S. Jenkins vom Penn State's College of Earth and Mineral Science meint, eine Erklärung für beide Probleme gefunden zu haben. Das berichtete er auf einer Tagung der American Geophysical Union in San Francisco im Dezember 1999.

Jenkins geht davon aus, daß eine um 70 Grad geneigte Erdachse Ursache für die rätselhaften klimatischen Verhältnisse gewesen sein könnte. Verschiedene Forscher denken, daß die Kollision mit einem riesigen Planetoiden, die vermutlich auch den Mond entstehen ließ, eine so starke Erdneigung zur Folge gehabt haben könnte, so Jenkins. Eine solche Neigung würde bedeuten, daß große Teile jeder Hemisphäre über Monate 24 Stunden am Tag von der Sonne beschienen würden. Dabei würde sich das Land auf rund 50 Grad Celsius aufheizen und in den folgenden drei Sonnenlosen-Monaten schnell wieder abkühlen. Allerdings, so Jenkins, "war die Erdoberfläche zu der Zeit zu 95 Prozent mit Wasser bedeckt, und Wasser hat eine sehr hohe Wärmekapazität." Es sei dadurch zwar nicht so heiß gewesen, brauche aber auch länger, um wieder abzukühlen. "Unser Klimamodell zeigt, daß eine Neigung um 70 Grad genau die Temperaturen erzeugen würde, wie sie vom Archaikum erwartet werden", sagte er.

Mit dieser Theorie glaubt Jenkins auch zeigen zu können, daß die Vergletscherung um den Äquator nicht die ganze Erde erfaßt hatte. "Drei Eiszeiten hätten für eine große Anzuahl von Lebewesen das Aussterben bedeutet," meint Jenkins. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß sich das Leben durch drei so harte Zeiten durchgekämpft hätte." Daher wendete er sein Modell auch auf Proterozoikum an. Er ging dabei von einer Erdoberfläche aus, die schon zu deutlich größeren Teilen aus Landmasse bestand. Durch diese Neigung wäre zwar der Äquator vereist gewesen, doch die Polkappen blieben dabei eisfrei. Lebewesen hätten daher eine Zufluchtsstätte gehabt, an der die verschiedenen Spezies hätten überleben können.

Trotzdem bleibt noch die Frage, warum die Erde damals um 70 Grad geneigt war, wogegen ihre Neigung heute gerade mal 23 Grad beträgt. "George Williams von der University of Adelaide meint, daß sich die Neigung durch sehr große Landmassen an den Polen verringert haben könnte", sagte Jenkins. "Und zum Ende des Präkambriums befand sich der größte Teil des Festlandes am Südpol." Und tatsächlich gehen neuere Studien davon aus, daß es mit einer entsprechenden Landverteilung ungefähr 100 Millionen Jahre dauern würde, die Erdachse auf eine Neigung zwischen 20 und 30 Grad zurückzukippen.

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