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Klimapolitik: Wer darf über das neue EU-Klimaziel entscheiden?

Die EU ringt um ein neues Klimaziel für 2040. Wird es ehrgeizig? Das hängt entscheidend auch an der Bundesregierung. Wie die sich positioniert, ist aber noch unklar.
Dampfender Schornstein

Dieser Inhalt wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von Spektrum.de nicht redaktionell bearbeitet.

In der schwarz-roten Koalition bahnt sich neuer Streit an – wegen eines wichtigen EU-Klimagesetzes. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) will sich so schnell wie möglich auf ein verbindliches europäisches Klimaziel für 2040 verständigen – am liebsten beim Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen am Donnerstag. Doch seine Koalitionspartner von der CDU/CSU scheinen es weniger eilig zu haben. In Brüssel und Berlin wird heftig verhandelt. Und dabei geht es um weit mehr als nur den Zeitplan.

Worum geht es genau?

Bislang gibt es EU-Klimaschutzziele für 2030 und 2050. Laut EU-Klimagesetz muss auch ein Ziel für 2040 festgelegt werden. Die Kommission hatte Anfang Juli den Vorschlag vorgelegt, die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase bis 2040 um 90 Prozent zu senken, im Vergleich zu 1990. Dabei geht es vor allem um den Ausstoß von Kohlendioxid, das beim Verbrennen von Kohle, Öl und Gas entsteht. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen sich jeweils zu dem Vorschlag positionieren und am Ende einigen. In mehreren Staaten regt sich jedoch Widerstand. 

Worüber ist sich die schwarz-rote Koalition uneinig?

Nicht in der Sache, wie alle eifrig betonen. »Die Bundesregierung steht zu den Klimazielen, und zwar sowohl zu denen, die wir uns national gesetzt haben, als auch zu denen, die wir europäisch verabredet haben, wie auch zu denen, die wir international in einer ganzen Reihe von Abkommen vereinbart haben«, erklärte Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch. 

Allerdings betonen Unionspolitiker, Deutschland müsse sich mit Frankreich einig werden, das Vorbehalte hat gegen den 2040-Vorschlag. Und hier kommt eine scheinbar technische, aber sehr wichtige Verfahrensfrage ins Spiel: Entscheiden die EU-Umweltminister in der kommenden Woche über das Klimaziel oder befassen sich die Staats- und Regierungschefs mit dem Thema? 

Warum macht es einen Unterschied, wo über das Klimaziel beraten wird?

Bei den Umweltministern reicht eine sogenannte qualifizierte Mehrheit, um die Position für das Klimaziel festzuzurren. Bei Gipfeln auf Chefebene ist Einigkeit nötig – und die Dynamik ist unberechenbar. Es wäre denkbar, dass Staaten dafür sorgen, dass ihre Skepsis Eingang in die gemeinsame Erklärung findet. Die endgültige Entscheidung liegt bei den Umweltministern – doch wenn der Gipfel den aktuellen 2040-Vorschlag vom Tisch nimmt, gäbe es nicht mehr viel zu entscheiden. 

Umweltminister Schneider dringt auf einen Beschluss der Umweltminister. Der stellvertretende Regierungssprecher Steffen Hille klang ganz anders, als er darauf hinwies, dass es im Oktober ja auch die Staats- und Regierungschefs der EU zusammenkommen. Dabei gilt: Beim Umweltministerrat müsste die Bundesregierung Farbe bekennen oder sich enthalten, falls die Koalition sich nicht einig wird. Sollten Teile der Regierung tatsächlich Interesse an einer Abschwächung des 2040-Vorschlags haben, dann käme ihnen eine Gipfel-Diskussion zum Thema gelegen. 

Warum ist das EU-Klimaziel für 2040 wichtig?

Das Ziel soll als Grundlage genutzt werden für die Klimaschutz-Pläne, die die EU bei den Vereinten Nationen einreichen muss. Denn bis spätestens zum 24. September 2025 muss die EU vor der nächsten Weltklimakonferenz in Brasilien im November noch ein Zwischenziel für 2035 abgeben.

Der Europa-Abgeordnete Michael Bloss von den Grünen sagt, was jetzt auf dem Spiel stehe, sei nicht weniger als die weltweite Handlungsfähigkeit im Kampf gegen die Klimakrise. »Nach dem Rückzug der USA würde sich mit Europa der nächste große Block der Industrieländer aus dem internationalen Klimaschutz verabschieden. Wenn wir selbst kein ambitioniertes Ziel vorlegen, werden wir auch von China oder anderen Ländern nichts mehr verlangen können.«

Die Zeit drängt, denn der Planet heizt sich weiter auf. Die Temperatur der Erde lag im vergangenen Jahr nach EU-Zahlen um 1,6 Grad über der Temperatur des vorindustriellen Zeitalters. Bei der Pariser Klimakonferenz hatte sich die Weltgemeinschaft 2015 das Ziel gesetzt, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, zumindest aber auf deutlich unter 2 Grad. Wissenschaftler halten das für zunehmend unrealistisch. Je wärmer es auf der Erde wird, desto wahrscheinlicher werden extreme Wetterereignisse wie Dürren oder extreme Regenfälle.

Warum könnte es an Deutschland scheitern?

Damit die EU-Länder in Verhandlungen mit dem Europaparlament zum Klimaziel für 2040 starten können, braucht es im Rat der Mitgliedstaaten die Unterstützung einer qualifizierten Mehrheit. Konkret müssten dafür 15 der 27 EU-Staaten zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der teilnehmenden Mitgliedstaaten repräsentieren. Bei den Umweltministern soll es am Donnerstag zur Abstimmung kommen. 

Einige Länder, wie beispielsweise Polen, wollen das Thema auf jeden Fall zu den Staats- und Regierungschefs schieben. Wie aus Berlin kam auch aus Paris bis zuletzt noch keine eindeutige Äußerung. Doch ohne solche großen Länder dürfte eine qualifizierte Mehrheit unter den Umweltministern kaum erreichbar sein. Noch hofft Dänemark als aktuelles EU-Vorsitzland, dass die Minister sich kommende Woche zum 2040-Ziel einigen können.

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