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Klimaschutz: Wie Politik und Industrie die Ernährungswende blockieren

Da haben Lobbyisten ganze Arbeit geleistet: In der EU und den USA erhalten Erzeuger tierischer Produkte 1000-mal mehr öffentliche Fördermittel als grüne Alternativen.
Kühe im Stall
Die Viehwirtschaft ist für einen großen Anteil klimaschädlicher Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Den Schuss nicht gehört? Trotz der Dringlichkeit des Klimaschutzes wird die industrielle Erzeugung tierischer Lebensmittel noch immer massiv durch öffentliche Gelder gefördert – sowohl in den USA als auch in der EU. Das bremst nachhaltige Alternativen und festigt den Status quo. Zu diesem Schluss kommen Simona Vallone and Eric F. Lambin von der Stanford University im Fachjournal »One Health«.

Die Viehzucht beschleunigt den Klimawandel, da sie für einen erheblichen Anteil der Treibhausgasemissionen in Form von Methan verantwortlich ist. Insbesondere wohlhabende Gesellschaften müssen daher ihre Abhängigkeit von tierischen Lebensmitteln deutlich verringern. Das ist wissenschaftlicher Konsens. Pflanzenbasierte Lebensmittel und innovative Technologien wie Laborfleisch bilden eine nachhaltige, emissionsarme Alternative. Solche Produkte stoßen bei den Verbrauchern und privaten Investoren auf wachsendes Interesse.

Doch so richtig kommt der Markt klimaschonender Nahrungsmittel nicht in Schwung. Um dem auf den Grund zu gehen, verglichen Vallone und Lambin den Einfluss der Politik und der Lobbyarbeit von Handels- und Non-Profit-Organisationen in den USA und der EU. Ihr ernüchterndes Fazit: Die Regierungen behindern de facto die Verbreitung von Alternativen zu tierischen Produkten und somit den Ernährungswandel. Und die Industrie spielt dabei eine entscheidende Rolle – durch mächtige Lobbyarbeit.

Starke staatliche Förderung tierischer Lebensmittel

Wie das Forschungsteam schreibt, haben sowohl die US- als auch die EU-Regierungen zwar in einige Nischentechnologien investiert. Dem gegenüber stehe jedoch eine ungleich stärkere staatliche Förderung tierischer Lebensmittel: Die öffentlichen Gelder für die Viehzucht sind in der EU um den Faktor 1200 und in den USA um den Faktor 800 höher als für klimafreundliche Technologien. Die Geldsumme, die Fleischproduzenten für Lobbyarbeit bei der US-Regierung ausgaben, war 190-mal höher als die für Alternativen. In der EU war der Betrag dreimal so hoch.

Die Stanford-Wissenschaftler stellten außerdem fest: Interessenvertreter verhindern den Rückgang des Fleischkonsums, indem sie ihren Einfluss in der gesamten Lieferkette geltend machen und so etwa die Fleischpreise drücken. Außerdem beeinflussen Lobbyisten die Politik in Bezug auf Umweltstandards, Produktkennzeichnungen sowie den Tierschutz. Auch auf ihr Betreiben hin beschränken sich Empfehlungen in Ernährungsrichtlinien hauptsächlich auf tierische Produkte, der Zusammenhang zwischen diesen und negativen Umweltauswirkungen werde dabei aber meist außer Acht gelassen.

»Das Fehlen einer Politik, die darauf abzielt, unsere Abhängigkeit von tierischen Produkten zu verringern, und die mangelnde Unterstützung alternativer Technologien sind symptomatisch für ein System, das sich immer noch grundlegenden Veränderungen widersetzt«, so die Autoren der Studie.

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