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Klimawandel: Hitzestress lässt Eidechsen schneller altern

Sind Waldeidechsen hohen Temperaturen ausgesetzt, schrumpfen ihre Chromosomenenden schneller. Das wirkt sich auf ihre Lebenserwartung aus – und auf den Bestand lokaler Populationen.
Eine Waldeidechse sitzt auf Holz
Waldeidechsen sind an kalte Temperaturen angepasst. Die zunehmende Wärme stresst ihren Organismus.

Der Klimawandel macht den Waldeidechsen nachhaltig zu schaffen. Durch den zunehmenden Hitzestress altern sowohl einzelne Exemplare als auch nachkommende Generationen schneller als gewöhnlich. Der Grund: Die Eidechsen werden mit verkürzten Schutzkappen an den Enden ihrer Chromosomen geboren, den Telomeren – sie sind biologisch »vorgealtert«. Vor allem bereits schwindende Echsenpopulationen sind betroffen. Das berichtet ein Forschungsteam um Andréaz Dupoué von der französischen Université de Bretagne Occidentale im Fachjournal »PNAS«.

Die Forschenden untersuchten 126 weibliche Waldeidechsen (Zootoca vivipara) und 231 Jungtiere aus mehreren im französischen Zentralmassiv beheimateten Populationen. In der Gebirgsregion haben es die an Kälte angepassten Tiere mit zunehmend höheren Temperaturen zu tun. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass insbesondere neugeborene Eidechsen aus schrumpfenden Beständen außerordentlich kurze Telomere besaßen, wenn sie starkem Hitzestress ausgesetzt waren. Telomere sind sich wiederholende DNA-Abschnitte an den Enden der Chromosomen, die mit jeder Zellteilung ein Stück kürzer werden – die Zelle altert. Werden die Schutzkappen zu kurz, stoppt die Zellteilung und die Zelle stirbt schließlich. Wahrscheinlich, so mutmaßten die Forschenden, würden nur wenige der vorgealterten Tiere ein fortpflanzungsfähiges Alter erreichen. Zudem bekamen Weibchen mit verkürzten Telomeren weniger Nachwuchs als für die Art üblich.

Das Team um Dupoué vermutet daher, dass die Eidechsen durch den Klimawandel in eine Art Teufelskreis geraten sind: Zunehmende Hitzeperioden stressen die Reptilien auf biologischer Ebene – ihr Stoffwechsel werde angeheizt und ihre Zellen würden sich häufiger teilen, wodurch ihre Telomere wiederum schneller schrumpften. Die Weibchen würden ihre Chromosomen mit den kürzeren Enden an ihre Nachkommen vererben. Auf diese Weise entstünden nach und nach Generationen von Waldeidechsen mit immer kürzer werdenden Telomeren und einer geringeren Lebenserwartung. Ab einem gewissen Kipppunkt könnte der Teufelskreis zum Zusammenbruch der Eidechsenpopulation und zu ihrem lokalen Aussterben führen, folgern die Wissenschaftler. Sie schlagen vor, die Telomerlängen künftig als Biomarker einzuführen: Die Schutzkappen könnten Forschenden verraten, ob etwa laufende Artenschutzprogramme erfolgreich sind.

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