Vögel und Klimawandel: Wer nicht angepasst ist, leidet unter der Trockenheit

Im Zuge der globalen Erwärmung verändert sich das Klima schneller, als viele Tierarten sich anpassen können. Ein Team der Colorado State University hat am Beispiel eines kleinen Vogels intensiv erforscht, wie sich der durch den Klimawandel verursachte Selektionsdruck momentan auf die Tierwelt auswirkt: auf das Erbgut, auf äußere Merkmale und auch auf die individuelle körperliche Verfassung. Der unter anderem in Nordamerika häufig anzutreffende Goldwaldsänger, obgleich nicht als gefährdet eingestuft, hat mitunter offenbar Schwierigkeiten, mit dem Klimawandel zurechtzukommen.
Der Goldwaldsänger (Setophaga petechia) fühlt sich besonders in feuchten Lebensräumen wohl, doch die werden zunehmend trockener. Im Rahmen ihrer Studie untersuchte die Gruppe um Marina Rodriguez und Kristen Ruegg Hunderte von Vögeln aus mehr als 20 verschiedenen Brutgebieten Nordamerikas. Die Forscher berücksichtigten verschiedenste Umweltvariablen des jeweiligen Lebensraums. Den Vögeln entnahmen sie Blutproben für Genomanalysen und vermaßen akribisch die Schnäbel.
Die Schnabelform einer Vogelpopulation verändert sich evolutionär gesehen relativ rasch aufgrund eines Selektionsdrucks, etwa durch ein gewandeltes Nahrungsangebot. Bei einem Temperaturanstieg und in wasserarmer Umgebung könnten größere Schnäbel von Vorteil sein. Vögel vermögen überschüssige Wärme über den Schnabel »trocken« abzuleiten. Je größer sein Schnabel, so eine Hypothese, desto besser kann der Goldwaldsänger für Temperaturausgleich sorgen, ohne dabei zu viel Wasser durch Verdunstung zu verlieren.
Telomere sind bei klimagestressten Vögeln verkürzt
Als Indikator für den körperlichen Zustand eines Vogels bestimmten die Biologen die Länge seiner »Telomere«, der Enden der Chromosomen. Verkürzte Telomere werden bei vielen Tierspezies bis hin zum Menschen mit schlechter Gesundheit und kürzerer Lebenserwartung eines Individuums in Verbindung gebracht.
Durch die Genomanalysen konnte die Arbeitsgruppe einige Gene identifizieren, deren Varianten statistisch gesehen sowohl mit der Schnabelform als auch mit dem Telomerzustand zusammenhingen. Zugleich stellte sich heraus: Nicht die Temperatur, sondern die Niederschlagsmenge zur trockensten Jahreszeit übte den größten Selektionsdruck auf die Schnabelform und assoziierte genetische Varianten aus.
Außerdem zeigte sich, dass die Anpassung dem Goldwaldsänger nicht unbedingt glückt. Vögel mit schlankeren Schnäbeln, die in trockenen Gebieten brüteten, litten darunter offenbar: Das zeigten ihre verkürzten Telomere. Die lokal schlechte Anpassung könnte der Population schaden.
Marina Rodriguez hofft, dass man mit diesem integrativen Studienansatz künftig auch bei anderen Wildtieren untersucht, ob sie mit dem Klimawandel Schritt halten. Anstatt mühselig die Fortpflanzung über Generationen hinweg zu verfolgen, könnten verkürzte Telomere als frühes Warnzeichen dafür gelten, dass eine Tierart schon damit begonnen hat, um ihr Überleben zu kämpfen.
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