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Klimawandel: Weltweite Treibhausgasemissionen steigen erneut

Im Jahr 2023 hat die Menschheit so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen wie nie zuvor. Fachleute gehen davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht mehr zu halten ist.
Dürre
Ein ausgetrocknetes Feld unter der Sonne. Extreme Wetterereignisse wie lang anhaltende Dürren treten im Zuge des menschengemachten Klimawandels häufiger auf.

Die weltweiten Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe sind höher als je zuvor. Das geht aus dem »Global Carbon Budget« hervor, einem jährlichen Bericht, der die Trends der CO2-Emissionen präsentiert und zeigt, welche Konsequenzen sich daraus für die Klimaschutzziele ergeben. An der aktuellen Fassung haben mehr als 120 Fachleute mitgearbeitet. Der Bericht erscheint im Fachjournal »Earth System Science Data«.

Dem Report zufolge werden die CO2-Emissionen aus fossilen Quellen in diesem Jahr bei etwa 36,8 Milliarden Tonnen liegen. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Steigerung um 1,1 Prozent. Zum Vergleich: Alle Vulkane der Erde zusammengenommen – sowohl die an Land als auch die unter Wasser – setzen jährlich zwischen 0,13 und 0,44 Milliarden Tonnen CO2 frei. Der menschengemachte CO2-Ausstoß ist somit 85- bis 285-mal höher als die summierten Emissionen sämtlicher irdischen Vulkane.

Global gesehen steigen die anthropogenen Emissionen, doch die regionalen Entwicklungen unterscheiden sich stark, wie der Bericht anmerkt. In der EU und in den USA sei der CO2-Ausstoß in diesem Jahr zurückgegangen, um 7,4 beziehungsweise 3 Prozent. In Indien und China dagegen stieg er um 8,2 beziehungsweise 4 Prozent. Dass die Menschheit weiterhin gewaltige Mengen Kohlendioxid in die Luft bläst, wirkt sich messbar auf die Zusammensetzung der Atmosphäre aus: Der atmosphärische CO2-Gehalt wird in diesem Jahr voraussichtlich 419,3 ppm (parts per million) erreichen, das liegt um 51 Prozent über dem Wert der vorindustriellen Zeit.

Fossile Brennstoffe auf Höhenflug

Kohle, Erdöl und Erdgas erfreuen sich als Brennstoffe weiterhin einer global wachsenden Nachfrage: Laut »Global Carbon Budget« stiegen die damit einhergehenden Emissionen in diesem Jahr erneut an. Hinzu kam eine überdurchschnittlich starke Freisetzung von CO2 bei Wald- und Flurbränden, wie Satellitenmessungen belegen. Solche Feuer werden infolge des Klimawandels häufiger und heftiger; Kanada beispielsweise erlebte im Jahr 2023 extreme Waldbrände.

Ökosysteme an Land und in den Ozeanen – beispielsweise Wälder, Moore und Seegraswiesen – nehmen etwa die Hälfte des CO2 auf, das der Mensch beim Verbrennen fossiler Stoffe weltweit freisetzt. Ohne sie schritte der Klimawandel deutlich schneller voran, als er es ohnehin schon tut. Doch diese Ökosysteme stehen zunehmend unter Druck, unter anderem durch Entwaldung, exzessive Landnutzung und Ozeanversauerung. Es ist unklar, ob sie ihre ökologischen Funktionen auch weiterhin in vergleichbarer Weise ausüben können.

Wie der Bericht anführt, ist es mit technischen Verfahren der CO2-Entnahme (»Carbon Dioxide Removal«) im Jahr 2023 gelungen, etwa 0,01 Millionen Tonnen CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Das ist weniger als ein Millionstel der jährlichen menschengemachten Emissionen.

Weit übers Ziel hinausgeschossen

Die anhaltend hohen Treibhausgasemissionen machen es immer wahrscheinlicher, dass die Menschheit ihr selbst gestecktes 1,5-Grad-Ziel verfehlen wird. Wie aus dem »Global Carbon Budget« hervorgeht, ist beim derzeitigen globalen CO2-Ausstoß in ungefähr sieben Jahren der Punkt erreicht, an dem die weltweite Erwärmung die 1,5-Grad-Marke mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit überschreiten wird. Tatsächlich gehen viele Fachleute inzwischen von einem »Overshoot«-Szenario aus, in dem die globale Mitteltemperatur die anvisierten 1,5 Grad zunächst übersteigt – und in dem es dann darauf ankommt, sie durch Emissionsminderung und CO2-Entnahme möglichst schnell wieder darunterzudrücken.

»Die Auswirkungen des Klimawandels sind überall um uns herum offensichtlich, aber die Maßnahmen, um die Emissionen aus fossilen Brennstoffen zu mindern, bleiben schmerzhaft langsam«, äußert der leitende Studienautor Pierre Friedlingstein von der University of Exeter in einer Pressemitteilung. »Es sieht so aus, als würden wir das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens überschreiten. Die Staats- und Regierungschefs, die sich auf der Weltklimakonferenz COP28 treffen, müssen sich nun auf eine rasche Reduzierung der Emissionen fossiler Brennstoffe einigen, um wenigstens das 2-Grad-Ziel in Reichweite zu halten.«

Fachleute hoffen, dass der Gipfel der weltweiten menschengemachten CO2-Emissionen bald erreicht ist. Die Internationale Energieagentur sieht Anzeichen dafür, dass der Ausstoß im Jahr 2025 seinen Höhepunkt überschreiten könnte.

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